Ein Mann setzt sich ins Bild und an den Tisch. Er frühstückt, das Mobiltelefon am Tisch läutet. Der Anrufer wird eingeladen - er soll einfach herkommen, "lass uns das hier bereden ... aber erzähl's keinem". Der eine Mann ist der iranische Filmemacher Jafar Panahi. Der andere, der bald darauf in der Wohnung eintrifft, ist sein Kollege, der Dokumentarist Mojtaba Mirtahmasb. Was die beiden Männer in der Folge entwickeln und was im Mai 2011 beim Filmfestival in Cannes in ihrer Abwesenheit uraufgeführt wurde, heißt "Dies ist kein Film". Denn dem Regisseur Panahi ist es per Gerichtsurteil auf zwanzig Jahre verboten, in dieser Funktion zu arbeiten, Drehbücher zu schreiben, Interviews zu geben und auszureisen.
"Dies ist kein Film", entstanden an Persischneujahr 2011, reflektiert diese Situation auf bemerkenswerte Weise. Der Film dokumentiert das Dasein eines Mannes in limbo. Panahi telefoniert mit seiner Anwältin. Er füttert den Familienleguan Iggi. Er kommentiert Ausschnitte aus seinen preisgekrönten Arbeiten "Der Kreis" und "Crimson Gold". Er probiert, das Arbeitsverbot kreativ zu unterlaufen - etwa indem er beginnt, Szenen aus seinem letzten, nicht zur Verfilmung freigegebenen Drehbuch vorzuspielen - "aber wenn man Filme erzählen könnte, weshalb sollte man dann überhaupt filmen?". Traurig, mutig, klug. Am Mittwoch, 23.10 Uhr, Arte. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 23.5.2012)