Istanbul - Fast zwei Jahre nach dem israelischen Angriff auf eine Gaza-Hilfsflotte in internationalen Gewässern hat die türkische Staatsanwaltschaft laut einem Pressebericht lebenslange Haft für den Ex-Generalstabschef Israels, Gabriel Ashkenazi, gefordert. Wie die regierungsnahe türkische Zeitung "Sabah" am Mittwoch berichtete, wirft die Istanbuler Anklagebehörde dem früheren israelischen Generalstabschef sowie drei weiteren Offizieren vor, bei dem Angriff vom 31. Mai 2010 den Tod von neun türkischen Aktivisten an Bord der "Mavi Marmara" verschuldet zu haben. Über die Annahme der Anklage sei noch nicht entschieden.

Erstürmung der Mavi Marmara

Bei der Kommandoaktion der israelischen Eliteeinheit "Shayetet 13" waren acht türkische Palästina-Solidaritätsaktivisten und ein türkisch-amerikanischer Doppelstaatsbürger an Bord des Schiffes "Mavi Marmara" getötet worden. Die Beziehungen zwischen der Türkei und Israel hatten sich seither radikal verschlechtert. Im vergangenen Jahr verwies Ankara den israelischen Botschafter des Landes, weil Israel eine Entschuldigung für den Angriff ablehnt. Die Ermittlungen gegen den israelischen Ex-Generalstabschefs dürften die Krise nun noch einmal verschärfen.

600 Zeugen

Die 144-seitige Anklageschrift stützt sich laut "Sabah" auf Vernehmungen von rund 600 Zeugen sowie auf rechtsmedizinische Berichte und Stellungnahmen der türkischen Regierung und des Geheimdienstes. Ein eigenes Kapitel befasst sich demnach mit der Geschichte der Beziehungen zwischen der Türkei und Israel und den Juden. Unter anderem werde darin die Rolle der Türkei bei der Rettung von 20.000 Juden vor den deutschen Nazimachthabern unterstrichen, berichtete "Sabah". Für Ashkenazi und die anderen Beschuldigten selbst bliebe eine offizielle Anklage ohne Folgen, solange sie nicht in die Türkei reisen. (APA, 23.5.2012)