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Igor Setschin (li.) ist einer der engsten Vertrauten Wladimir Putins. Die beiden sind seit Anfang der 1990er-Jahre Weggefährten.

Foto: Reuters/Nikolsky

Russlands ehemaliger Vizepremier Igor Setschin übernimmt den Vorsitz beim Ölkonzern Rosneft. Premier Dmitri Medwedew durfte Setschin die Ernennungsurkunde überreichen und seinem Intimfeind viel Glück als Konzernchef wünschen. Ansonsten wird der Regierungschef künftig wenig zu sagen haben beim offiziell staatlichen Konzern.

Setschin gilt als Medwedews härtester Gegner im Kampf um die Nummer zwei hinter Präsident Wladimir Putin in der Kreml-Hierarchie. Er gehört zur mächtigen Geheimdienst-Fraktion, zu der auch der Leiter der Kremlverwaltung, Sergej Iwanow, der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, Nikolai Patruschew, oder der Chef der Anti-Drogen-Behörde, Wiktor Iwanow, zählen.

Setschin hat bisher als Vizepremier den gesamten Energiesektor kontrolliert. De facto wird er dies auch weiterhin tun, denn Rosneft ist mit einer Fördermenge von 119 Millionen Tonnen der größte Ölkonzern Russlands und expandiert durch die gerade vollzogenen Übernahme des Gasproduzenten Itera und diverse internationale Kooperationen gewaltig. Dabei muss sich Setschin Medwedew nicht unterordnen, denn Putin hat Rosneft zum strategischen Aktiv erklärt. Damit trifft Putin selbst künftig die strategischen Entscheidungen für Rosneft, die Regierung bleibt draußen.

Volle Kontrolle

Setschin hat seinen Absprung gut vorbereitet: Mehrere Top-Manager, darunter auch der erste Vizepräsident Pawel Fjodorow, mussten gehen. Fjodorow hatte neben dem ölverarbeitenden Sektor auch die Finanzströme von Rosneft kontrolliert. Die vakanten Plätze übernehmen Vertraute Setschins, der damit die volle Kontrolle über den Konzern erhält.

Setschin hat seit langem ein besonderes Verhältnis zu Rosneft: Er war es, der seit 2003 die Attacke gegen Yukos und dessen Chef Michail Chodorkowski leitete. Bei der faktischen Enteignung des Konzerns schlug dann Rosneft bei einer dubiosen Auktion über eine Briefkastenfirma zu und sicherte sich die Filetstücke des Yukos-Imperiums. Zu der Zeit war Setschin bereits Aufsichtsratschef von Rosneft.

Auch später hielt Setschin stets seine schützende Hand über den Konzern, sei es gegen den Versuch einer Übernahme durch Gasprom oder Bestrebungen innerhalb der Regierung, den Konzern zu privatisieren. Der Geheimdienst-Clan hat Rosneft stets als Macht- und Geldquelle betrachtet. Nun, mit der Ernennung Setschins zum Präsidenten des Konzerns, könnte die Rechnung aufgehen. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 24.5.2012)