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Der Kandidat und ehemalige Ministerpräsident Ahmed Shafik wurde bei der Stimmabgabe von wütenden Demonstranten angegriffen.

Foto: dapd

Kairo - Die historische Präsidentenwahl in Ägypten wird am Donnerstag fortgesetzt. Das Ergebnis wird an diesem Samstag erwartet. Nach letzten Umfragen wird kein Kandidat die absolute Mehrheit erreichen, so dass am 16. und 17. Juni eine Stichwahl fällig wird. Die erste demokratische Präsidentenwahl in der Geschichte des Landes hat am Mittwoch mit einem Ansturm auf die Wahllokale begonnen. Sie blieben bereits am ersten Wahltag wegen des großen Andrangs eine Stunde länger geöffnet.

Mehr als 50 Millionen Ägypter sind aufgerufen, bis zum Donnerstagabend aus zwölf Kandidaten einen Nachfolger für den im Februar 2011 gestürzten Langzeitmachthaber Hosni Mubarak zu bestimmen. Die Wahl entscheidet, ob das bevölkerungsreichste arabische Land demnächst von einem säkularen Polit-Profi aus dem ehemaligen Mubarak-Regime oder von einem Islamisten regiert wird. Das wird sich nicht nur auf die politische und wirtschaftliche Zukunft des Landes auswirken, sondern möglicherweise auch auf das Verhältnis zu Israel.

Abstimmung verlief weitgehend friedlich

Die Abstimmung verlief auch wegen der großen Präsenz von Soldaten und Polizisten weitgehend friedlich. Viele Wähler erklärten jedoch, sie hätten Angst vor einer neuen Welle der Gewalt, weil einige der Kandidaten ihre Niederlage womöglich nicht akzeptieren würden.

Ahmed Shafik von Demonstranten angegriffen

Einer der Kandidaten, der ehemalige Ministerpräsident Ahmed Shafik, wurde bei der Stimmabgabe von wütenden Demonstranten angegriffen. Der 70-Jährige wurde am Mittwoch bei einem Wahllokal mit Rufen von "Der Feigling ist hier, der Verbrecher ist hier" empfangen. Einige Demonstranten bewarfen ihn mit Steinen und Schuhen. Shafik hatte unter dem gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak gedient. Seine Kandidatur hat das Land tief gespalten.

Seit dem Sturz des Mubarak-Regimes herrscht in Ägypten ein Militärrat. Die Generäle haben versprochen, sich Ende Juni aus der Politik zurückzuziehen, wenn der Präsident vereidigt und eine neue Verfassung beschlossen ist.

Revolutionsgarden riefen zu Boykott auf

Auf den Stimmzetteln standen zwar 13 Namen, aber ein Bewerber hatte seine Kandidatur zurückgezogen. Zu einem Boykott der Wahl riefen lediglich einige der sogenannten Revolutionsgarden auf, die mit ihren Protestaktionen im Februar 2011 den Sturz von Mubarak erreicht hatten. Sie protestierten gegen den aus ihrer Sicht undemokratisch handelnden Militärrat.

Zu den säkularen Kandidaten, die nach Umfragen die besten Chancen haben, zählen der ehemalige ägyptische Außenminister sowie Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, und der ehemalige Luftfahrtminister, Ahmed Shafik. Aus dem Lager der Islamisten sind Abdel Moneim Abdul Futuh und der Muslimbruder Mohammed Morsy (Mursi) Favoriten. Als gut platzierter Außenseiter gilt der linke Aktivist Hamdien Sabbahi. Er erklärte nach seiner Stimmabgabe vor Reportern: "Das Wichtigste ist, dass diese Wahlen sauber und fair ablaufen. Wenn dies nicht der Fall ist, dann muss sich die Gesellschaft zur Wehr setzen."

Kaum hatten die Wahllokale geöffnet, verbreitete sich das Gerücht, der aussichtsreiche Kandidat Shafik habe einen Herzinfarkt erlitten. Schafik trat daraufhin in Kairo vor die Presse.

Einige Beobachter berichteten am Mittwoch über Versuche von Wahlleitern, die Wähler zugunsten eines bestimmten Kandidaten zu beeinflussen. Besonders aktiv waren nach Angaben von Menschenrechtlern die Anhänger Shafiks und der beiden Favoriten aus dem Lager der Islamisten, Abdul Futuh und Mursi. "Unsere Wahlbeobachter haben selbst gehört, wie Mitglieder der Wahlkommission einzelnen Wählern, die nicht lesen können, gesagt haben, wo sie ihr Kreuz machen sollen", sagte Sherin Talaat von der Kampagne des Kandidaten Chalid Ali.

Lange Warteschlangen vor Wahllokalen

Vor vielen Wahllokalen bildeten sich am Morgen lange Warteschlangen, die allerdings kürzer waren als bei der ersten Parlamentswahl nach dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden zehn Wähler im Gedränge ohnmächtig. Frauen und Männer stellten sich diesmal getrennt an und wählten auch in getrennten Räumlichkeiten. Damit sollte ermöglicht werden, dass weibliche Beisitzer der Wahlkomitees die Identität von Frauen mit Gesichtsschleier überprüfen. (APA, 24.5.2012)