Wien - Mit drei Schuldsprüchen und langjährigen Freiheitsstrafen für die Betroffenen ist am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht der Prozess um die Bundesbuchhaltungsaffäre zu Ende gegangen. Wolfgang W. (47), ein ehemaliger Bereichsleiter der Buchhaltungsagentur des Bundes (BHAG), der im Jahr 2005 sowie zwischen dem 4. Jänner und dem 1. September 2008 Bundesvermögen verschleudert und einen Gesamtschaden von 16,47 Millionen Euro angerichtet hatte, erhielt wegen schweren Betrugs sieben Jahre Haft.

Der frühere Chef des Bildungsinstituts "Venetia", Kurt D. (57), der in erster Linie von den abgeflossenen Millionen profitiert hatte, wurde zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte laut Anklage den Beamten zum Ausstellen gefälschter, zeitlich befristeter Forderungsbestätigungen überredet und die Schuldverschreibungen der Republik an seine Gläubiger verkauft.

Ein niederösterreichischer Geschäftsmann, der dem BHAG-Beamten Investoren für die falschen Schuldverschreibungen zu vermitteln versucht hatte, fasste vier Jahre Haft aus. Ein mitangeklagter Wiener Rechtsanwalt wurde freigesprochen. Sämtliche Entscheidungen sind nicht rechtskräftig.

Forderungen

Der Anklage zufolge hatte der "Venetia"-Boss mit Wolfgang W. ausgerechnet einen Spitzenbeamten seines mit Abstand größten Auftraggebers "zum Ausstellen von inhaltlich gänzlich unberechtigten und somit falschen, zeitlich befristeten Forderungsbestätigungen, also Schuldverschreibungen der Republik Österreich" überredet, nachdem er seine Firma mit Privatentnahmen de facto in den Konkurs getrieben und bei Privatpersonen bereits horrende Schulden angehäuft hatte.

Kurt D. hatte nämlich geglaubt, mit Investments in eine ecuadorianische Goldmine satte Gewinne machen zu können, was sich jedoch als Flop erwies. Er dürfte dabei einem Betrüger aufgesessen zu sein. Am Ende war all sein Geld weg, und der befreundete Wolfgang W. erwies sich in dieser Notlage als Ausweg.

Weil sein Freund verzweifelt ums finanzielle Überleben kämpfte, stellte ihm Wolfgang W. "völlig planlos Forderungsbestätigungen in Millionenhöhe aus, wobei er wusste, dass es sich um reinen Betrug gegenüber den Investoren handelte", hieß es in der Anklageschrift. Als diese endlich Geld sehen wollten, überwies Wolfgang W. ab 4. Jänner 2008 in 20 Tranchen knapp 16,5 Mio. Euro zulasten der Republik Österreich an das Institut "Venetia", das von ihm im Jahr 2005 "zur Überbrückung" bereits 450.000 Euro erhalten hatte, sowie an diverse persönliche Gläubiger des Institut-Chefs.

Dass bis zum Aufdecken der Malversationen im Jänner 2009 ein derart hoher Schaden entstehen konnte, führt die Anklagebehörde auf mehrere Umstände zurück: Der Gebrauch zweier TAN-Codes genügte unbegreiflicherweise für die amtsmissbräuchliche Durchführung von Transaktionen in Millionenhöhe, wobei das Vorschieben diverser Überbrückungskonten die Überweisungen zusätzlich verschleierte. Die WKStA bemängelt weiters eine "fehlende Dienst- und Fachaufsicht", "unterlassene Prüfungen durch die Interne Revision der Buchhaltungsagentur des Bundes (BHAG)" sowie eine "fehlende Kommunikation zwischen AMS und BHAG. Es erfolgte keine Verständigung über verfügte Zahlsperren betreffend 'Venetia' bzw. deren bereits eingestellter Betriebsführung wegen Zahlungsunfähigkeit". (APA, 24.5.2012)