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Die 25-jährige Mutter vor Beginn der Verhandlung.

Foto: APA/STIPLOVSEK DIETMAR

Feldkirch - 8. Jänner 2011: Aleksandra N. lässt sich von ihrem Freund Milosav M. wie gewohnt zur Arbeit als Kellnerin in einem Nachtlokal bringen. Daheim lässt das Paar den dreijährigen Cain. Schwer verletzt, wie der Gerichtsmediziner Walter Rabl ein Jahr später feststellen wird. Muskeln und Gewebe an Gesäß und Oberschenkeln des Kindes waren durch ungezählte Schläge total zerstört. Das Kind starb am Abend des 8. Jänner an den Folgen der Misshandlung.

Milosav M. wurde am 30. März wegen Mordes zu lebenslanger Haft (nicht rechtskräftig) verurteilt. Cains Mutter musste sich am Donnerstag wegen Quälens und Vernachlässigens Unmündiger verantworten.

Als Mutter "ganz, ganz grob versagt"

Ob sie die Schmerzen ihres kleinen Kindes nicht bemerkt habe, will Staatsanwalt Wilfried Siegele von der 25-Jährigen wissen. Sie sei doch eine intelligente Frau. Habe fünf Jahre Gymnasium absolviert, eine abgeschlossene Lehre, die Berufsreifeprüfung fast beendet. Doch, Cain sei eigenartig gegangen, habe Schmerzen beim Sitzen gehabt, sagt N. Innere Verletzungen habe sie ja nicht sehen können. Warum sie nicht den Arzt gerufen habe? Aus Angst. M. habe sie und den älteren Sohn zuvor mehrmals geschlagen, ihr den Kontakt zu ihrer Familie verboten. Auf Nachfrage gibt sie zu, in dieser Zeit Kokain konsumiert zu haben.

Er verstehe nicht, warum sich eine Frau so von einem Mann drangsalieren lasse, sagt Siegele. Hätte sie interveniert, wäre Cain noch am Leben, wirft ihr der Staatsanwalt vor. Sie habe als Mutter "ganz, ganz grob versagt", jeglichen Mutterinstinkt vermissen lassen. Ihre Fahrlässigkeit habe Cain das Leben gekostet, forderte Siegele eine Freiheitsstrafe.

Freiheitsstrafe trotz Milderungsgründen

"Mein Verhalten ist nicht zu entschuldigen, ich habe falsch gehandelt", zeigte sich N. voll geständig. Ihr Verteidiger German Bertsch appellierte an den Schöffensenat, "ja keine unbedingte Freiheitsstrafe zu verhängen". N. sorge für den zweiten Sohn, eine Haftstrafe wäre für Mutter und Kind kontraproduktiv. Bertsch begründete das Verhalten mit dem psychiatrischen Gutachten: N. habe unter chronischer Überforderung und Überlastung, unter depressiver Erschöpfung gelitten.

Der Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Karin Dragosits erkannte die Milderungsgründe an, verhängte jedoch eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, 16 Monate davon bedingt auf drei Jahre. Die Angeklagte erbat sich Bedenkzeit. (Jutta Berger, DER STANDARD, 25.5.2012)