Gut drei Monate hat Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) gebraucht, um zwei Landeshauptmänner dazu zu bringen, sich bei der Schließung von Bezirksgerichten konkret festzulegen. Die wirklich harten Brocken fehlen aber noch: Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten und das Burgenland. Den "Reformverweigerern" will Karl wohl besondere Gesprächsbereitschaft signalisieren, wenn sie jetzt die insgesamt 19 statt der ursprünglich verlangten 35 Schließungen in Nieder- und Oberösterreich lobt.

Ihre Aussagen darüber, warum das ein Erfolg sei, machen offensichtlich, dass die Ministerin mit einem Vorschlag antrat, der argumentativ von vornherein nicht haltbar war. Karl gibt selbst zu, dass sie mit der Forderung, alle Gerichte mit weniger als vier Richtern zuzusperren, ganz Österreich ein starres Schema übergestülpt hat. Sie habe sich erwartet, erst bei den Gesprächen auf Länderspezifika aufmerksam gemacht zu werden. Ein ausgegorenes Konzept sieht anders aus.

Kompromissbereitschaft ist wichtig, den härtesten Gegnern aber mit so viel vorauseilender Nachgiebigkeit zu begegnen birgt die Gefahr, dass eine Reform im Handumdrehen zum Reförmchen verkommt. Dessen Umsetzung wird Investitionen nach sich ziehen, in diesem Fall zum Beispiel die bauliche Adaptierung von aufgewerteten Gerichtsstandorten. Und dann ist das, was von der Reform übrig blieb, für Jahrzehnte wortwörtlich einzementiert.
 (Gudrun Springer, dER STANDARD, 25.5.2012)