Bild nicht mehr verfügbar.

Tenzin Gyatso, Dalai Lama

Foto: APA/EPA/Techt

Wien - Bei seiner ersten öffentlichen Veranstaltung in Wien hat der Dalai Lama, das Oberhaupt der tibetischen Buddhisten, Friede und Dialog für das 21. Jahrhundert gefordert. Das vergangene Jahrhundert sei eines der Gewalt gewesen, das derzeitige solle eines des Dialoges werden, forderte der 76-Jährige im Rahmen eines Vortrages zum Thema "Jenseits von Religion - Ethik und menschliche Werte in der modernen Gesellschaft" am Freitagnachmittag in der Stadthalle.

Im Anschluss an den Vortrag traf das geistliche Oberhaupt der Tibeter auf Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (VP). Würde er einer Partei zugehören, wären dies jedoch die Grünen, ließ der Dalai Lama im Beisein des Vizekanzlers wissen. Das Publikum goutierte die Aussage mit spontanem Applaus. "Ich kenne aber die Partei des Herrn Ministers nicht", fügte er hinzu.

"Universelle Verantwortung"

Die Gewalt heutzutage sei ein "Versäumnis des vergangenen Jahrhunderts", Terrorismus sei nur einer der Auswüchse dessen, erklärte der Dalai Lama in seinem Vortrag vor rund 10.000 Zuhörern. Nichtsdestotrotz zeigte er sich optimistisch, dass dieses Jahrhundert "ein besseres" wird. Dies sei aber auch "von unseren eigenen Bemühungen abhängig", mahnte der Friedensnobelpreisträger. Ein wichtiges Element dabei sei Bildung. "Durch Bildung können wir ein glücklicheres Jahrhundert schaffen", betonte der Dalai Lama.

"Vom Kindergarten bis zur Universität" müssten nach Ansicht des tibetischen Oberhauptes die wichtigsten gesellschaftlichen Werte wie Ehrlichkeit, Offenheit und Vertrauen gelehrt werden. Dadurch gewinne der Mensch Selbstvertrauen und könne "universelle Verantwortung" entwickeln. Er trete für eine "säkuläre Entwicklung der menschlichen Werte" ein, erklärte der 14. Dalai Lama, Tenzin Gyatso.

Säkularismus will der Dalai Lama in der indischen Definition verstanden wissen. Es bedeute für ihn, alle Religionen und auch diejenigen Menschen zu respektieren, die keiner Religion angehören. Generell hob der Religionsführer immer wieder das "Gemeinsame" hervor, das über das Trennende zu stellen sei. "Wir sind alle gleich, auch ich bin nichts Besonderes", hatte er auch bei einer Pressekonferenz am Vormittag gesagt. "Mental, physisch und emotional bin ich einer von euch", stellte er vor der begeisterten Menge in der Stadthalle fest.

Die "Einheit der Menschheit" sei deshalb so wichtig, weil "ohnehin alles voneinander abhängig" ist. Die eigenen Interessen seien immer auch gemeinsame Interessen, sagte der Dalai Lama. Als oberstes Ziel nannte er ein "friedvolles Zusammenleben", dies bedeute, "anderen zu helfen" oder "zumindest keinen Schaden zuzufügen".

Am Samstag spricht der Dalai Lama bei einem Symposium an der Universität zu Buddhismus und Wissenschaft mit dem Titel "Geist und Materie - neue Modelle der Wirklichkeit". Am Nachmittag (ab 14.30 Uhr) gibt es die Möglichkeit, den Dalai Lama am Heldenplatz im Rahmen der "Europäischen Solidaritätskundgebung für Tibet" zu sehen. Den Abschluss des Besuches bildet ein Treffen mit Kardinal Schönborn Sonntagfrüh.  (APA, 25.5.2012)