Charlotte Eblinger weiß, wie man zu mehr Charisma kommt.

Foto: Eblinger & Partner

STANDARD: "CIS Leadership Qualities" ist ein Führungskräfte-Entwicklungsprogramm, das sich unter anderem auf die Themen "Alpha" und "Charisma" stützt. Ist das nicht schon überholt?

Charlotte Eblinger: Wir wollen mit der Verwendung dieses Begriffes auch gegen alte Definitionen ankämpfen. Wir lassen diese Begriffe wieder aufleben, weil sie Klarheit haben. Wir sagen klar: Alpha führt und Beta und Gamma folgen.

Dasselbe gilt für den Begriff Charisma. Ein charismatischer Mensch ist kein "Rattenfänger von Hameln", sondern einer, der von innen heraus strahlt, der mit sich in Balance ist und letztlich dadurch auch andere Menschen anzieht. Solchen Menschen werden andere folgen - und das nicht in den Abgrund oder in den Krieg, sondern zum Erfolg.

STANDARD: Und die vielzitierte Teamfähigkeit?

Eblinger: Na ja. Teamfähigkeit ist für mich ein Begriff, der mittlerweile schon so oft verwendet wird, dass er keinen Inhalt mehr hat. Er ist schwammig. Teamfähig? Ja, aber aus welcher Rolle heraus - als Alpha oder als Beta? Wenn man keine Rolle im Team hat, wird Teamfähigkeit auch zu nichts führen.

STANDARD: Charisma oder Alpha-Verhalten bezeichnen viele als nicht erlernbar.

Eblinger: An die Idee, dass man als Führungskraft geboren wird, glaube ich nicht. So wie ich weiß, dass Führen an sich nicht einfach ist. Ich glaube, dass es Menschen gibt, die das Potenzial haben, diese Qualitäten zu entwickeln.

STANDARD: Das Programm richtet sich also vorwiegend an den Nachwuchs?

Eblinger: Es richtet sich auch an bestehende Führungskräfte. Wir haben es hier mit allen Altersgruppen zu tun. Und ich kann Ihnen sagen, dass es zuweilen erschreckend ist, wie wenig Wissen und wenig Auseinandersetzung es zu diesem Thema gibt.

STANDARD: Von welchem Ausgangspunkt aus ist dieses Konzept überhaupt entstanden? Wo sehen Sie ein vordringliches Problem, das es unter Führungskräften anzugehen gilt?

Eblinger: Auf Basis unserer beruflichen Erfahrung mit Führungskräften und ihren Teams haben wir erkannt, dass wir teilweise einfach sehr schwammig kommunizieren, dass viele Probleme aus ganz einfachen Missverständnissen oder schlechter Kommunikation heraus entstehen. Oft scheitert es an einem einfachen "Bitte" und "Danke". Das ist Feedback. Es herrscht teilweise eine Feedbackkultur vor, in der Entwicklung schwer möglich ist. Und dann gibt es bekanntlich Menschen, die einfach nichts sagen oder schreien. Kein Wunder also, wenn da nichts weitergeht.

STANDARD: Sie gehen - methodisch betrachtet - mit einem bunten Instrumentenkoffer an die Sache ...

Eblinger: Es ist ein Methodenmix aus Vortrag, Übungen, Rollenspielen, Hausübungen und Einzelcoachings.

STANDARD: Sie geben Führungskräften Hausübungen mit? Warum?

Eblinger: Die Hausübungen haben einen ganz einfachen Grund. Die Workshops dauern zwei Tage und finden in einem Abstand von rund zwei Monaten statt. Mit der Hausübung schaffen wir den Transfer in den Büroalltag. Zum Beispiel schicken uns die Teilnehmer via Mail Feedbacks, die wir korrigieren und die erst dann weitergegeben werden sollen. Nicht nur ist das eine gute Übung, man hält die Leute auch über weite zeitliche Abstände inhaltlich bei der Stange. (Heidi Aichinger, DER STANDARD, 26./27./28.5.2012)