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Der Begriff "Mischehen" impliziert, dass Menschen in "Rassen" eingeteilt werden können und ist somit höchst kritisierenswert. Trotzdem wird er in einem aktuellen österreichischen Asylgerichtshofbescheid verwendet.

Foto: AP/Daniel Roland

Vor dem Polizeianhaltezentrum Hernals, der letzten Station für Drittstaatsangehörige, die von den Behörden für unerwünscht erklärt und daher aus Österreich abgeschoben werden sollen, wurde am Donnerstag zu wiederholtem Mal demonstriert. Aktueller Anlass: Yayas Fall. Der 25-jährige Mann aus Gambia soll nach einer Asylablehnung nach Gambia zurück, obwohl er dort, wie er betont, als Oppositioneller gefährdet ist. Und obwohl er hier mit einer Österreicherin eine zweieinhalbjährige Tochter hat. Für kommenden Dienstag wurde er zur Fremdenpolizei zitiert.

Denn dass Yaya hier ein Kind hat, für das er als Vater eine wichtige Rolle spielt, gilt für die Behörden nicht als "berücksichtigenswertes Familienlieben". Also nicht als Umstand, der gegen eine Abschiebung sprechen würde. Sollten Yaya, die Frau und die Tochter zusammenbleiben wollen, so könnten Frau und Kind ihm ja nach Gambia folgen, argumentiert der Asylgerichtshof (AGH), das höchste Asylgericht: Eine Ansicht, die dieser nicht nur in diesem Fall vertritt, sondern in vielen anderen vergleichbaren auch.

So etwa in einem Bescheid, der diese Woche der Flüchtlingshelferin Karin Klaric vom Freunde-Schützen-Haus unterkam. Er enthielt eine akribische Auflistung aller "Österreicher in Gambia". Sinn und Zweck der Aufzählung: Es sollte belegt werden, dass es für ÖsterreicherInnen durchaus möglich ist, in dem westafrikanischen Land zu leben (was wohl niemand verneinen würde, vor allem, wenn es auf freiwilliger Basis geschieht).

Frage der Diktion

Die Details - welcher Österreicher, welche Österreicherin in Gambia wo, wie und mit wie viel Kindern anzutreffen ist - sind wenig interessant. Umso mehr hingegen die in der Länderfeststellung des Innenministeriums gewählte Diktion: "Derzeit leben 21 Österreicher in Gambia", heißt es da, "Kinder aus Mischehen inbegriffen".

"Mischehen"? Das Wort ließ Klaric stutzen. Denn von welcher "Mischung" war hier die Rede? Von "gemischter" Staatsangehörigkeit? Wohl kaum, denn eine solche kann allerhöchstens "doppelt" sein. Außerdem wären in einer solchen Staatsbürgerschaftslogik dann auch - sagen wir - österreichisch-deutsche oder österreichisch-kanadische Verbindungen als "Mischehen" zu bezeichnen - und das ist nicht der Fall. 

Auch war in besagten Länderbericht kein Hinweis darauf zu finden, dass es hier um "Mischehen" unterschiedlicher religiöser Zugehörigkeiten gehen könnte: Ein Zusammenhang, in dem der Begriff von verschiedenen Konfessionen immer noch gebraucht wird. Oft, um solche Verbindungen in Frage zu stellen oder abzulehnen, aber das ist eine andere Geschichte.

Frage der Hautfarbe?

Blieb als Erklärung der behördlichen "Mischehen"-Auflistung in diesem Fall also nur eins. Es musste sich um die Hautfarben-Frage handeln: Um schwarze GambierInnen, die weiße ÖsterreicherInnen ehelichen und zusammen Kinder haben. Das jedoch hat einen rassistischen Beiklang: Es setzt voraus, dass Schwarze und Weiße aufgrund ihres verschiedenen Aussehens und sonstiger angeborener angeblicher "Verschiedenheiten" Angehörige zweier verschiedener Gruppen seien, die, wenn sie heiraten, sich "mischen".

Eine solche Sicht der Dinge ist schon lange nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Die Einteilung der Menschheit in "Rasse"-Kategorien, die in der Geschichte schon viel Unheil angerichtet hat, gilt nicht mehr - es sei denn für Rassisten. 1995 hat die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) dem anthropologischen Begriff "Rasse" eine Absage erteilt - und die Wissenschaft geht inzwischen von einer vielfältigen Menschheit mit Übergängen zwischen den geografischen Populationen aus. 

Umso kritisierenswerter sei die Verwendung des Begriff "Mischehe" in einem Asylgerichtshofbescheid, meint Klaric: "Ich kenne nur binationale Ehen", sagt sie. Angela Magenheimer, Obfrau der Initiative "Ehe ohne Grenzen", die sich seit der Fremdenrechtsnovelle 2005 für die Anliegen binationaler Paare einsetzt, teilt diese Ansicht. Besagter Bescheid sei jedoch kein Einzelfall, ergänzt sie. In Behördenschreiben an binationale Paare komme dieses Wort des Öfteren vor. (Irene Brickner, derStandard.at, 26.5.2012)