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Kinder vor dem Garderobeneingang der Volksschule in St. Pölten-Wagram, wo ein 37-Jähriger seinen Sohn erschossen hat.

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

St. Pölten / Wien - Der achtjährige Berk, dem sein Vater am Freitag in der St. Pöltner Volksschule Wagram in den Kopf geschossen hatte, ist am Sonntag seinen schweren Verletzungen erlegen. Das teilte die niederösterreichische Landeskliniken-Holding mit. Im Laufe des Wochenendes war bekannt geworden, dass der 37-jährige Vater, der am Freitag unter einem Vorwand seine Kinder aus der Klasse in die Garderobe geholt hatte, die Tatwaffe illegal besessen hatte. Seine sechsjährige Tochter soll die Tat mitangesehen haben, körperlich aber unversehrt sein. Mit der Pistole nahm sich der Mann dann selbst das Leben.

Familiäre Probleme als Motiv für Tat

Die Toten sollen nach Angaben des Islamischen Zentrums St. Pölten am Hauptfriedhof der Landeshauptstadt begraben werden, sobald die Leichen freigegeben werden. Motiv für die Tat dürften familiäre Probleme gewesen sein: Die Mutter der Kinder hatte vor kurzem die Scheidung eingereicht. Erst vergangenen Dienstag hatte sie nach Angaben von Landeskriminalamtssprecher Klaus Preining ihren Mann wegen gefährlicher Drohung und Körperverletzung angezeigt.

Die Anzeige sei vom Stadtpolizeikommando umfangreich abgehandelt worden, berichtete die Austria Presse Agentur. Beide Elternteile und die Kinder seien befragt worden, nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft habe man sich aber gegen eine U-Haft entschieden und ein Betretungsverbot ausgesprochen.

Schutz in Schule und Kindergarten

Dieses wollen Vertreter von SPÖ und Grünen nun ausweiten. Es gebe "Gesetzeslücken", die schon lange hätten geschlossen werden sollen, hieß es am Montag. Künftig solle ein Betretungsverbot in ein automatisches Kontaktverbot "außerhalb der eigenen vier Wände und vor allem für die Schule und den Kindergarten" münden, forderte die grüne Kinder- und Jugendsprecherin Tanja Windbüchler-Souschill.

Das völlige Kontaktverbot könne derzeit nur bei Gericht erwirkt werden, erläuterte SPÖ-Abgeordneter Anton Heinzl. Die Grünen kündigten an, im Parlament einen Antrag zur Novellierung des Gesetzes einzubringen.

"Zu wenig Schutz für Kinder"

Rechtliche Lücken ortet hier auch Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser: "Es gibt in Österreich zu wenig Schutz für Kinder", sagte sie im Standard-Gespräch. Sie warnt aber, dass es nie eine Garantie dafür geben kann, dass nichts passiert. Derzeit obliegt es meist dem Gewalt erleidenden Elternteil selbst, die Schule über ein etwaiges Betretungsverbot zu informieren. Das sei etwas, das mit "sehr viel Scham behaftet ist".

Experten wie Marlies Leitner, der Leiterin des Gewaltschutzzentrums NÖ, zufolge werden Kinder häufig aktiv in Konflikte der Eltern hineingezogen. Was am Freitag in St. Pölten passiert sei, sei ein Extremfall, aber kein Einzelfall in dem Sinne, dass "Kinder oft instrumentalisiert werden". (Gudrun Springer, DER STANDARD, 29.5.2012)