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Samstagabend in Kairo, Tahrir-Platz: Proteste gegen den Ex-Mubarak-Mann Ahmed Shafik.

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Einer der beiden wird wohl neuer ägyptischer Präsident werden: Ahmed Shafik (li.) und Mohammed Morsi.

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Vier Tage nach der ersten Runde der ägyptischen Präsidentenwahlen sind die Ergebnisse bestätigt. Die Wahlkommission wies die Beschwerden von Kandidaten ab. Generalsekretär Hatem Bagato erklärte am Montag zur Begründung, vier hätten keine juristische Grundlage oder keine aktuellen Tatbestände umfasst, drei weitere seien zu spät eingereicht worden.

Da keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht hat, kommt es am 16. und 17. Juni, wie erwartet, zu einer Stichwahl. Das Rennen um die Präsidentschaft werden der Bewerber der Muslimbrüder, Mohammed Morsi, und Ahmed Shafik, Ex-General und letzter Premier unter dem gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak, unter sich ausmachen.

Die Wahlbeteiligung betrug 46,4 Prozent. Morsi erreichte 24,8 Prozent, Ahmed Shafik 23,7, der Nasserist Hamdin Sabbahi 20,7, der moderate Islamist Abdel Moneim Abul Futuh 17,5 und Ex-Außenminister Amr Moussa 11,1 Prozent. Bagato räumte kleinere Probleme bei der Zählung ein, die das Resultat aber nicht verfälscht hätten, und wies die Gerüchte zurück, aus Militär und Polizei seien verbotenerweise zwischen 600.000 und 900.000 Stimmen in die Listen aufgenommen worden.

Aus liberalen Kreisen kommt der Vorschlag, Morsi solle sich zurückziehen und einer Stichwahl zwischen Shafik und Hamdin Sabbahi Platz machen. So würden die Islamisten ihrer Beteuerung nachkommen, nicht alle Macht im Staat in ihren Händen vereinen zu wollen. (Astrid Frefel aus Kairo, DER STANDARD, 28.5.2012)

Offizielle Zahlen der SPEC (Supreme Presidential Electoral Commission), lt. "Al Ahram Online", dem Onlineableger der staatlichen Zeitung Ägyptens. 23.265.516 Stimmen wurden insgesamt gezählt, das sind 46,42 Prozent der Wahlberechtigten.

Auf den folgenden beiden Seiten finden Sie Kurzporträts der beiden Kandidaten:

Mohammed Morsi war eigentlich nur der Ersatzkandidat: Als sich abzeichnete, dass der bekanntere Partei-Vize Khairat al-Shater wegen einer Gefängnisstrafe in der Mubarak-Ära von der Kandidatenliste gestrichen werden würde, stellten die Muslimbrüder in letzter Minute auch noch ihren Parteivorsitzenden Morsi für die Präsidentenwahl auf. Auf den eilig gedruckten Wahlplakaten sah der 60-jährige Ingenieur, der in Kairo studierte und an der Universität von South Carolina in den USA seinen Doktor machte, noch etwas schüchtern aus.

Auch bei seinen ersten öffentlichen Auftritten wirkte der Kandidat der wichtigsten politischen Kraft im Land eher defensiv als bissig. Als Favorit wurde er vor der ersten Runde der ersten freien Präsidentschaftswahl daher nicht gehandelt. Sein mangelndes Charisma hat Mursi aber offensichtlich nicht geschadet. Im Wahlkampf wirkte er zunehmend selbstsicher und zweifellos profitierte er auch von der Popularität der Muslimbrüder, die bereits das Parlament beherrschen und im ganzen Land gut vernetzt sind.

Im Wahlkampf präsentierte sich Mursi, der in der Provinz Sharkia im Nil-Delta geboren wurde und im Jahr 2000 erstmals ins Parlament gewählt wurde, als der "einzige Kandidat mit einem islamistischen Wahlprogramm" - obwohl mit dem unabhängigen Kandidaten Abdel Moneim Abul Futuh noch ein Ex-Mitglied der Muslimbrüder kandidierte. Doch während sich Futuh eher moderat gab, versprach Mursi den Ägyptern eine "Renaissance" auf der Grundlage islamischer Werte. (APA)

Ex-Regierungschef Ahmed Shafik ist ein typischer Vertreter der aus der Verquickung von Politik und Militär hervorgegangenen Schicht, die jahrzehntelang die politische Landschaft in Ägypten bestimmte. Wie Ex-Präsident Mubarak fing Shafik als Pilot bei der ägyptischen Luftwaffe an. Nach seiner Militärkarriere, bei der er es bis zum General und Luftwaffenchef brachte, wurde er Minister für die Zivilluftfahrt. Kurz vor seinem Sturz ernannte Mubarak ihn zum Regierungschef und beauftragte ihn mit Reformen, um die Massen zu beruhigen. Nur drei Wochen später musste Shafik unter dem Druck der Protestbewegung zurücktreten.

Aus seiner Militärvergangenheit machte Shafik auch im Wahlkampf keinen Hehl: Er sei "stolz und geehrt", ein "Sohn der Streitkräfte" zu sein, sagte der 70-Jährige, der seinen Landsleuten vor allem mehr Sicherheit und Stabilität versprach. Außerdem argumentierte er, gute Beziehungen zum Militär könnten in der politischen Übergangsphase durchaus von Vorteil sein.

Obwohl sich Shafik von Mubaraks Politik distanzierte, ist er bei den jugendlichen Demonstranten vom Tahrir-Platz bis heute verhasst. Nach der Abgabe seiner Stimme wurde er vor dem Wahllokal als Wendehals beschimpft und mit Schuhen beworfen, was in der islamischen Welt als grobe Beleidigung gilt. Erst im April starb Shafiks Ehefrau, mit der er drei Töchter hat. Nach Einschätzung von Beobachtern könnte dieses persönliche Schicksal seine Beliebtheit gesteigert haben. (APA)