Allmählich lichtet sich das Dunkel, in das die Mächte der Finsternis - schon wieder - die Partei zu tauchen versuchen, die nichts anderes im Sinn hat als: "Dem Volk sein Recht!" Und das nicht zuletzt in der Form: Den Alten ihre Stiftung! Es kann nicht überraschen, dass dieser revolutionäre Gedanke nicht überall verstanden und daher auch nicht immer so positiv aufgenommen wurde, wie es eine Partei verdient hätte, die im Interesse der ärmsten Autobesitzer sogar für das Gratisparkpickerl auf die Barrikaden steigt. Ein politischer Feuerkopf wie der Dritte Nationalratspräsident hat wohl geahnt, wie schwer es sein würde, Menschen für seine Idee der freiheitlichen Altersvorsorge durch Stiften zu gewinnen, und hat daher, bescheiden wie der Teutone ist, sein sozialpolitisches Stifterlicht jahrelang unter den Scheffel gehalten. Doch wie schlecht wird es ihm nun gelohnt, seit die Angelegenheit ans Licht kam!

Wäre es nur ein kritischer Experte, wie der Finanzwissenschafter Werner Doralt, der Freitag in den "Salzburger Nachrichten" Martin Grafs beste Absichten in ein schiefes Licht rückte. "Wenn Graf, wie er behauptet, sechs Jahre lang unentgeltlich tätig war, dann ist der erste Verdacht, dass er das aus anderen Gründen machte. Niemand nimmt ihm ab, dass er aus Nächstenliebe arbeitete." Das muss einen olympischen Haudegen kränken. Ehre geht in seinen Kreisen, gleich nach Deutschland, schließlich über alles.

Auch die Tugend der nordischen List in ihrer lokalen Ausprägung der Schlitzohrigkeit bleibt nicht unberührt. "Eine Stiftung mit einer Million Euro Einlage ist die allerkleinste in Österreich. Privatstiftungen rechnen sich erst ab drei bis vier Millionen Euro, weil die Spesen viel zu groß sind", so Doralt. Nach dem Tod der Stifterin hätten die Kosten die Stiftung in kurzer Zeit leergefressen. Wer davon satt geworden wäre, soll hier nicht weiter verfolgt werden.

Und doch ist Doralt nicht blind für den Segen, der der Stifterin widerfahren ist. An anderer Stelle wies er darauf hin, welches Glück sie hatte, dass Graf nicht nur Anstifter, sondern auch Dritter Nationalratspräsident ist, weil ihr Fall kaum dieses öffentliche Interesse wachgerufen hätte, wäre er weniger prominent gewesen. Graf ist damit nicht der erste Fall in der FPÖ, dem ein - von vornherein fehlgeleiteter - politischer Ehrgeiz bei der Realisierung privatwirtschaftlicher Selbstlosigkeit zum Stolperstein wird.

Mit dieser Problematik muss sich bis auf weiteres sein Parteivorgesetzter befassen. Leicht fällt ihm das nicht. "Anderthalb Tage lang schwieg die FPÖ-Spitze zu den Vorwürfen gegen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, klagten die 'SN'", keine der sonst so gern gegen die "linkslinke Jagdgesellschaft" versandten Aussendungen, keine Graf-Unterstützung auf der freiheitlichen Website, kein Muckser der Herren Kickl & Vilimsky, der beiden FPÖ-Generalsekretäre."

Spät, aber doch muckste sich dann der Chef, was unterschiedlich interpretiert wurde. In den "SN" verwahrt sich Strache gegen "Rufmord", im "Kurier" stellt sich der FPÖ-Chef spät, aber doch hinter Martin Graf". Nur "Die Presse" versuchte Strache einen Hauch von Mannhaftigkeit anzudichten: "Strache stellt Graf Rute ins Fenster. Bei einem Schuldspruch müsste er auch als Dritter Nationalratspräsident gehen." Womit er Österreich wohl bis zum Ende der Legislaturperiode erhalten bleiben wird.

Als Drahtzieher beim Rufmord entlarvte Strache diesmal nicht die "linkslinke Jagdgesellschaft". Der "Krone" enthüllte er: "Das ist doch ein politisch motivierter Rufmord, da steckt die ÖVP dahinter." Die neuen Berater Frau Meschars, der Stifterin, kämen aus einer ÖVP-nahen Kanzlei, die Interesse an einem Grundstück hätte, das neben dem Garten Frau Meschars liegt. Offensichtlicher könnte ein Zusammenhang nicht sein, und Strache weiß, dass der ÖVP alles zuzutrauen ist. Nicht zufällig kann er sich eine Koalition mit ihr vorstellen.

Sonntag zog die "Krone" ein vorläufiges Fazit. "Gertrud Meschar (90) hat sich nicht mit irgendjemandem angelegt, sondern mit einem der höchsten politischen Würdenträger des Landes", mindestens aber der Donaustadt. Die Folgen konnten nicht ausbleiben. "Sie könne nicht mehr, hieß es Freitagabend. Vor ihrem Gartenzaun an der Alten Donau stehen Unbekannte, läuten Sturm, rufen Unverschämtheiten. Das Telefon hebt sie längst nicht mehr ab."

Dreimal darf man raten, wes Geistes die "Unbekannten" sind. (Günter Traxler, DER STANDARD, 29.5.2012)