Der Ministerrat in Rom verabschiedete ein Paket mit Hilfsmaßnahmen für die von der Bebenserie betroffenen Gebiete. Zur Finanzierung des Plans wurde eine Erhöhung der Benzinsteuer von zwei Cent pro Liter beschlossen. Die Regierung Monti beschloss außerdem, dass die vom Erdbeben betroffenen Gemeinden sich nicht an den internen Stabilitätspakt halten müssen, der die Lokalverwaltungen zu strengen Einsparungen zwingt. Die Regierung erklärte den kommenden Montag zum Nationaltrauertag.
14.000 Obdachlose
17 Tote, 350 Verletzte und 8.000 Obdachlose ist die Bilanz des Erdbebens am Dienstag. Insgesamt verloren bei den beiden schweren Beben 14.000 Menschen ihre Bleibe. Die Erde in der Region Emilia Romagna kommt nicht zur Ruhe. In der Nacht auf Mittwoch bebte sie 41 Mal. Der heftigste Erdstoß habe eine Stärke von 3,4 gehabt, teilten die Behörden mit. Zahlreiche Gebäude stürzten ein. Eine 65 Jahre alte Frau wurde lebend aus den Trümmern gerettet, berichtete das staatliche Fernsehen RAI. Sie hatte als vermisst gegolten.
Erdbeben der Stärke 5,8
Das erste Beben am Dienstag hatte eine Stärke von 5,8. Das Epizentrum lag in derselben Gegend von Modena, in der erst vor neun Tagen mehrere Menschen bei einem heftigen Beben getötet und schwere Schäden angerichtet worden. Gegen 13 Uhr meldeten die Behörden ein Nachbeben der Stärke 5,4, das erneut Gebäude einstürzen ließ.
Nach Angaben italienischer Medien wurden in der Ortschaft San Felice sul Panaro unweit von Modena zwei Menschen getötet. Eine weitere Person sei in dem Dorf Mirandola ums Leben gekommen. Dort waren Arbeiter in einem Lagerhaus verschüttet worden. Weitere Todesopfer gab es in Medolla, Concordia, Finale und Rovereto di Novi, wo der Dorfpriester starb. Die bisherigen Zahlen bei Todesopfern und Verletzten dürften nach Einschätzung der Polizei weiter steigen, da noch zahlreiche Menschen unter den Trümmern von Wohn- und Geschäftshäusern eingeschlossen seien.
Kulturhistorisch bedeutende Bauten schwer beschädigt
Das Erdbeben hat auch viele Kilometer vom Epizentrum entfernt Denkmäler, kulturhistorisch bedeutende Bauten und Kunstwerke schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Schäden an Monumenten und Gebäuden mit geschichtlicher Bedeutung seien unermesslich, sagten die Experten des Kulturministeriums in Rom. Feuerwehrmannschaften waren im Einsatz, um das genaue Ausmaß der Zerstörung festzustellen. Besonders betroffen seien Kirchen und Schlösser in den Provinzen Modena, Bologna und Ferrara. In San Felice sul Panaro nahe Modena ist der auf vielen Titelblättern abgebildet gewesene Turm ganz eingestürzt, von dem nach dem ersten Beben am 20. Mai nur noch die Hälfte übrig geblieben war. In der Ortschaft Mirandola, das in der Nähe des Epizentrums liegt, brach ein Teil des Domes ein. Auch in der Stadt Carpi wurde der Dom aus dem 16. Jahrhundert schwer beschädigt.
Beben war bis in die Toskana zu spüren
Der Erdstoß war im gesamten Norden Italiens von Südtirol über Mailand bis in die Toskana zu spüren und hatte auch Auswirkungen auf die Bahn: Aus Sicherheitsgründen wurde der Zugsverkehr in Bologna gestoppt. Das für Dienstagabend in Parma angesetzte Fußball-Länderspiel Italiens gegen Luxemburg wurde abgesagt.
Auch die Sportwagenbauer Ferrari und Lamborghini sowie Motorradhersteller Ducati haben ihre Fabriken im Erdbebengebiet geschlossen. Das Ferrari-Werk in Maranello habe durch die Erdstöße keinen Schaden genommen, erklärte ein Teamsprecher. Den Angestellten werde es durch die vorübergehende Schließung aber ermöglicht, bei ihren Familien zu sein.
Die Stöße des Nachbebens waren auch in Kärnten und Tirol deutlich zu spüren. Der Seismologe Anton Vogelmann sprach von über 1.000 gemeldeten Wahrnehmungen aus der Bevölkerung. Die Betroffenen berichteten von Gläserklirren, rüttelnden Türen und Schwindelgefühl in höheren Stockwerken. Schäden gab es laut Vogelmann nicht. Noch zwei Monate lang sei mit Nachbeben im Raum Bologna zu rechnen, die ab einer Magnitude von fünf auch in Kärnten wahrgenommen würden.
EU laut Barroso zu Hilfe bereit
Die EU ist nach Worten von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso bereit, Italien nach dem jüngsten Erdbeben zu helfen. EU-Regionalkommissar Johannes Hahn werde am Sonntag in Begleitung des italienischen EU-Kommissars Antonio Tajani in die betroffene Region Emilia Romagna fahren, sagte Barroso am Mittwoch in Brüssel. Barroso sprach Italien sein Beileid für die Opfer des Erdbebens aus. Die EU wolle Solidarität zeigen und sei bereit Italien zu helfen, um mit den Folgen des Erbebens fertig zu werden. (APA, 30.5.2012)