Linz - Der oberösterreichische SPÖ-Chef, Sozialreferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Ackerl ortet Verbesserungsbedarf bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS), auch wenn er sie als wichtigen Schritt zur Armutsbekämpfung sieht. In Oberösterreich will er ein "Case-Management" einrichten, das Menschen in "Problemlagen" betreuen soll, erklärte er bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Außerdem tritt er für eine faire Verteilung von Arbeit ein. Diese will er mit einer Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden und einer sechsten Urlaubswoche erreichen.

Mindestsicherung unter EU-Armutsgefährdungsgrenze

Ackerls Kritik an der derzeitigen Mindestsicherung: zu niedrig und zu wenig oft ausbezahlt. Oberösterreich sei in Österreich im oberen Bereich. Hier werden an Alleinstehende oder Alleinerziehende 843,70 Euro zusammengerechnet 13-mal ausbezahlt. Er verwies darauf, dass die Mindestsicherung noch deutlich unter der Armutsgefährdungsgrenze des EU-Schnittes von 1.031 Euro für einen Einpersonenhaushalt liege. Der Soziallandesrat fordert eine einheitliche Lösung. Die Unterschiede kämen ohnehin aus der jeweiligen persönlichen Lebenssituation heraus. Die Lebenshaltungskosten seien etwa in Salzburg andere als im Burgenland.

Er wünscht sich in den kommenden Jahren bei der Mindestsicherung eine "Kurskorrektur". Das sei allerdings eine "Baustelle", bei der er sich nicht sicher sei, ob es eine Lösung gebe, wenn nicht die Finanzprobleme in den öffentlichen Haushalten bewältigt werden. Die Mindestsicherung sei nach anfänglicher breiter Zustimmung im Jahr 2006 gerade in einer Phase gekommen, als 2008 die massive Finanzkrise eingesetzt habe. Für eine Nachbesserung wäre dagegen eine Phase der Großzügigkeit erforderlich und: "Wir brauchen weniger konjunkturabhängige Steuereinnahmen, dazu gehört die Vermögenssteuer".

Arbeitszeitverkürzung

Wichtig wären darüber hinaus ausreichend Arbeitsplätze durch eine gerechtere Verteilung der Arbeit. Er nannte eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich und die Einführung einer sechsten Urlaubswoche. Weiters will er die Erhöhung der Mindestlöhne auf 1.500 Euro für Vollzeitarbeit, damit diese ein Leben ohne Armut gewährleiste.

Weil bei der Mindestsicherung eine verbesserte Arbeitsmarktintegration vorgesehen ist, will Ackerl in Oberösterreich ein "Case-Management" einführen. Dabei sollen entsprechend ausgebildete Mitarbeiter Menschen in besonderen Problemlagen - beispielsweise Schulden, Wohnungsnot, Sucht aber auch mangelnde Qualifikation - helfen. Im heurigen ersten Quartal lag die Zahl der BMS-Bezieher zwischen 8.313 und 8.887 Personen. Das bedeutet im Vergleich zur Anzahl der Sozialhilfeempfänger des Vergleichszeitraumes 2011 eine Steigerung um 39,1 bis 51,3 Prozent. Überdurchschnittlich hoch war sie bei den Alleinstehenden und Alleinerziehenden. (APA, 29.5.2012)