Wien - Die FPÖ schlägt "eine Art Schnupperhaft" für jugendliche Straftäter vor, "damit Verurteilte sehen, welche Konsequenzen bei weiteren Straftaten drohen", wie Jugendsprecher Christian Höbart am Dienstag in einer Presseaussendung erklärte. Für Höbart sind "vor allem ausländische Jugendliche" für "die stark steigende Jugendkriminalität" verantwortlich, weshalb er rasche Maßnahmen zu deren Eindämmung für notwendig hält. Höbart will in diesem Zusammenhang die "Integrationswilligkeit" der betroffenen Familien überprüfen und diese "gegebenenfalls ausweisen".
Wie Andreas Hautz, Vorstand der Fachgruppe Jugendrichter in der Richtervereinigung, erklärte, sind Höbarts Behauptungen "empirisch nicht erwiesen". Die "Schnupperhaft"-Forderung gehe wiederum an der Realität vorbei. Zwar hätten sich in den vergangenen Jahren in Wien Straßenraubüberfälle unter Jugendlichen gehäuft. Ein genereller Anstieg der Jugendkriminalität lasse sich jedoch nicht feststellen, sagte Hautz, der seit Jahren am Wiener Straflandesgericht mit minderjährigen Delinquenten konfrontiert ist.
Der FPÖ-Forderung, bei Raubzügen von Jugendbanden "Schnupperhaft" anzudenken, hält der Jugendrichter insofern für verfehlt, als in derartigen Fällen die ausgeforschten Täter bereits jetzt meistens in U-Haft wandern. Kann ihnen eine Mehrzahl an Fakten nachgewiesen werden, werden laut Hautz keine rein bedingten, sondern üblicherweise mindestens teilbedingte Freiheitsstrafen verhängt.
Kein Anstieg laut Sicherheitsbericht
Die "stark steigende Jugendkriminalität" lässt sich auch mit dem jüngsten Sicherheitsbericht des Justizministeriums nicht belegen. Die Zahl der jugendlichen Straftäter ist in Österreich sogar rückläufig. Demnach sind 2010 österreichweit 3.063 Jugendliche rechtskräftig gerichtlich abgeurteilt worden. Das waren 92 oder 2,9 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Verurteilungszahlen für 2011 liegen noch nicht vor.
Der Ausländeranteil unter den verurteilten Jugendlichen liegt etwas über einem Drittel: 2.271 waren Inländer, während 792 keine österreichische Staatsbürgerschaft hatten. Ähnlich sieht das Verhältnis auch bei Erwachsenen aus: Von 38.394 gerichtlichen Verurteilungen im Jahr 2010 entfielen 26.332 auf Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft und 12.062 auf ausländische Staatsangehörige. Das ergibt einen Ausländeranteil von 31,4 Prozent.
Nicht haltbar ist die Behauptung, tendenziell würden mehr aus- als inländische Jugendliche vor Gericht landen. Von den verurteilten Österreichern hatten 8,6 Prozent das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet. In der Gruppe der verurteilten Ausländer lag der Teenager-Anteil bei 6,6 Prozent.
SJ ortet "jugendfeindliche Konzepte"
Für Wolfgang Moitzi, den Vorsitzenden der Sozialistischen Jugend (SJ), sind "die blauen Konzepte krass jugendfeindlich". Jugendkriminalität gehe mit sozialen Problemen und fehlenden Zukunftsperspektiven einher. Daher seien Repression und mehr Polizei "reine Symptombekämpfung", so Moitzi in einer Aussendung. Wirksame Kriminalitätsbekämpfung sei nicht durch "Schnupperhaft", Ausweisungen oder härtere Strafen zu erreichen, sondern durch Armutsbekämpfung und Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit. (APA, 29.5.2012)