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Italiens Teamchef Cesare Prandelli hat Sorgen.

Foto: Reuters

Rom - Italiens Ministerpräsident Mario Monti hat sich im Zuge des Wett- und Manipulationsskandals für eine temporäre Stillegung der italienischen Fußball-Meisterschaft ausgesprochen. "Man muss sich fragen, ob eine zwei- bis dreijährige Aussetzung nicht vorteilhaft wäre", sagte Monti bei einem Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Donald Tusk am Dienstag in Rom. Das sei kein offizieller Vorschlag der Regierung, aber eine Frage, die sich zwangsläufig stellen würde. Die Situation im italienischen Fußball bezeichnete Monti als "schauderhaft". Es sei traurig, dass im Sport Illegalität und unloyales Verhalten dominierten.

Wie schon 2006 ist auch diesmal das Nationalteam betroffen. Nicht nur Nationaltrainer Cesare Prandellli befürchtet nach der Razzia im Trainingslager negative Auswirkungen auf die in Kürze beginnende EM. "Ich hoffe, dass die Fans begreifen werden, dass die Squadra Azzurra mit diesen Vorwürfen nichts zu tun hat. Trotzdem ist der Schaden groß, vor allem für Jugendliche, die den Werten des Sports vertrauen", sagte Prandelli am Dienstag.

"Festnahmen und Durchsuchungen in Coverciano, ein Schock für Prandellis Truppe", titelte die Gazzetta dello Sport und erinnerte an die WM vor sechs Jahren - die für die Italiener allerdings mit dem Titel endete. Damals waren mehrere Spitzenklubs in den Fokus der Ermittlungen geraten. "Diesmal ist es noch schlimmer als 2006, die Ermittlungen sind noch weitreichender. Wer Fehler begangen hat, muss dafür zahlen, aber ich kann nicht glauben, dass Kollegen wie Criscito in die Affäre verwickelt sind", sagte Mittelfeld-Spieler Daniele De Rossi.

Bonucci bleibt im EM-Kader

Für Domenico Criscito, dessen Computer, Handy und Videokamera am Montag im Trainingslager von der Polizei beschlagnahmt worden waren, ist der EM-Traum jedenfalls vorbei, der Abwehrspieler von Zenit St. Petersburg wurde bereits aus dem Kader gestrichen. Besser erging es Leonardo Bonucci, der ebenfalls ins Blickfeld der Ermittler geraten ist. "Bonucci geht es gut. Er steht in der Liste der 23, die an der EM teilnehmen", betonte Prandelli. "Ich habe mitihm gesprochen. Er ist von den Staatsanwälten befragt worden, die gegen ihn ermitteln. Er ist ruhig und wir sind es auch", sagte der Trainer über den Defensivspieler von Juventus Turin.

Verbandspräsident Giancarlo Abete rief die Ermittler auf, die Vorwürfe so rasch wie möglich zu klären. "Wir erleben bittere und traurige Tage. Die Plage der illegalen Wetten belastet Italien und leider auch andere Länder", sagte er. Ähnlich äußerte sich Sportminister Pietro Gnudi: "Kriminelle Aktivitäten müssen mit Strenge bekämpft werden."

Conte: "Absolut nichts mit Manipulationen zu tun"

Lazio Rom versicherte nach der Festnahme seines Kapitäns Stefano Mauri, nicht in die Manipulation von Spielen verwickelt zu sein. Juventus rückte zur Verteidigung seines Trainers Antonio Conte aus, dem von einem Zeugen vorgeworfen wird, in seiner Zeit beim AC Siena von illegalen Absprachen gewusst zu haben.  "Ich kenne den Coach seit 20 Jahren, seine Ehrlichkeit, Integrität und Loyalität", sagte Juve-Präsident Andrea Agnelli. Die Rolle Contes in der Affäre sei "unbedeutend". Gegen den 42-Jährigen, der in der Saison 2010/2011 das Team aus der Toskana betreut hatte, wird ebenfalls wegen Sportbetrugs ermittelt. Laut Staatsanwaltschaft in Cremona wurden 2011 bis zu acht Siena-Matchs manipuliert.

Die Wohnung Contes, der seit einem Jahr den italienischen Rekordmeister trainiert, wurde von der Polizei durchsucht. "Ich und meine Spieler haben absolut nichts mit Manipulation zu tun. Im vergangenen Jahr hat Siena den Aufstieg in die Serie A drei Tage vor Ende der Meisterschaft mit großer Anstrengung geschafft. Dieser Erfolg ist einem fantastischem Team zu verdanken", sagte Conte. Er protestierte gegen die Durchsuchung seiner Wohnung, von den ermittelnden Staatsanwälten sei er jedoch nicht vernommen worden. Sein Rechtsanwalt Antonio De Rencis beteuerte die Unschuld seines Mandanten: "Conte ist fest entschlossen, seine Unschuld zu beweisen." (sid/red, derStandard.at, 29.5.2012)