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Die relevanten Akten kamen zu Spät.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien - Der parlamentarische Korruptions-Untersuchungsausschuss hat am Mittwoch seine Befragungen nach der ersten Auskunftsperson zur Causa Tetron überraschend ausgesetzt. Auch die Sitzung am Freitag findet nicht statt, wie die Abgeordneten nach einer Fraktionsführersitzung gegenüber Journalisten erklärten. Grund ist Unmut unter den Fraktionen über fehlende Akten des Innenministeriums. Man gehe nun davon aus, dass die betroffenen Akten alle bis Freitag da sind, meinte der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner.

Die zwei Auskunftspersonen Bernhard Krumpel, der im Kabinett des Innenministers für den Behördenfunk zuständig war und später Geschäftsführer bei Tetron wurde, sowie der ehemalige Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Erik Buxbaum, die schon auf ihre Aussage gewartet hatten, wurden nach Hause geschickt. 

Gemeinsamer Beschluss

Dass am Mittwoch und auch am Freitag keine Befragungen (mehr) durchgeführt werden, haben die Fraktionen laut dem grünen Abgeordneten Peter Pilz und dem BZÖ-Abgeordneten Stefan Petzner, die schon vor der Ausschusssitzung fehlende Akten beklagt hatten, alle gemeinsam beschlossen. Die Verantwortung liege beim Innenministerium, meinte Pilz, "wir lassen uns nicht pflanzen". Das Innenministerium versicherte in einer Aussendung, bereits im Februar 2012 alle geforderten Akten vorgelegt zu haben - nun "wurden durch die Fach- und die Rechtssektion zur Sicherstellung vollständiger Transparenz und Aufklärung auch Akten übermittelt, die nicht unmittelbar vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind".

Petzner sieht in der Entscheidung ein wichtiges Signal an die Ministerien, dass der Ausschuss die Akten, die er anfordere, auch haben wolle. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) müsse sich nun in der Öffentlichkeit rechtfertigen.

Vorwürfe an Ministerium

Auch die Volkspartei trug die Entscheidung "selbstverständlich" mit, aber ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon sieht freilich keine Verantwortung bei der Ministerin selbst. Er sprach stattdessen von falschen Beurteilungen "von zwei Sektionen". Die Ministerin habe klargestellt, dass die Akten zu übermitteln seien und sei auch jederzeit bereit, eine Vollständigkeitserklärung abzugeben. FPÖ-Fraktionsführer Walter Rosenkranz verlangte eine solche bis Freitag. Dass das Ministerium erst gestern draufgekommen sei, dass "bei genauer rechtlicher Prüfung" noch Akten ausständig sind, obwohl diese bereits vor einem halben Jahr angefordert wurden, findet Rosenkranz "erstaunlich".

Gestern Nachmittag hat es laut Amon eine umfassende Lieferung aus dem Innenministerium gegeben, am Abend sei noch eine Erklärung nachgeschickt worden. Er gehe davon aus, dass jetzt alle Akten da seien. Petzner hingegen erwartet bis Freitag eine weitere Lieferung und rechnete vor, dass Dienstagnacht und Mittwochfrüh rund 5.000 Seiten an Akten gekommen seien, "aber ich bin ohnehin ein Nachtmensch".

Milde gab sich der neue SPÖ-Fraktionsführer Otto Pendl. Es liege im Interesse aller, rasch eine ordentliche Aufklärung herbeizuführen. Vorwürfe in Richtung Innenministerium wollte er nicht erheben, wichtig sei, "dass alle Akten da sind".

Mauser sagte zuvor aus

Vernommen wurde am Mittwoch nur der Rechnungshof-Beamte Heimo Mauser. Bei der Erstvergabe des Blaulicht-Funksystems Adonis ist es unter dem damaligen Innenminister Ernst Strasser zu erheblichen Planungs- und Vollzugsfehler gekommen, geht aus den Aussagen Mausers hervor. Eine konkrete Projektkostenberechnung habe es nicht gegeben, dafür war ein besonders hoher Gewinn für den Anbieter ein Zuschlagskriterium. Ein wesentlicher Punkt, waren Erst- und Zweitbieter doch bei hundert möglichen Punkten nur um drei Punkte voneinander entfernt, wie Mauser aussagte. Ein Bietersturz wäre daher "denkbar gewesen".

Beraterhonorare

Bei dem Projekt habe es schwer nachvollziehbare Beraterhonorare gegeben, gleichzeitig seien die Angebote der drei Bewerber nicht vergleichbar gewesen. Wesentliche Fragen des Projektmanagements hatten sich nach dem Zuschlag verändert. "Wir können die Vergabe an den Bestbieter nicht nachvollziehen", so das Resümee des Spitzenbeamten. Die Gewinnmaximierung des Auftragnehmers liege jedenfalls nicht im Interesse des Auftraggebers, erinnerte er.

Unterm Strich sei das Innenministerium unter Strasser nicht in der Lage gewesen, die entsprechende Anzahl von Basisstationen zu liefern. Auch sei unklar gewesen, bis zu welcher Flughöhe noch eine Funkverbindung zwischen Hubschrauber-Crew und Bodenhelfer vorhanden sein sollte. Ebenfalls unklar, aber eine wesentliche technische Herausforderung sei gewesen, ob die Funkgeräte offen oder unter der Kleidung getragen wurden.

Fast zwei Millionen für Beratung

"Ein in sich geschlossenes Vertragswerk zur Errichtung lag nicht vor. (...) Das ist glaube ich der Knackpunkt", führte Mauser aus. "Was unterlassen wurde war die Prüfung der Angebote auf Plausibilität." Eine Urgenz des Innenministeriums hat es damals diesbezüglich nicht gegeben, so der Rechnungshofprüfer.

Dabei hat das ÖVP-Ministerium 1,94 Millionen Euro alleine für die Beratung ausgegeben. Und das obwohl beispielsweise die Finanzprokuratur durchaus in der Lage gewesen sei, diese Leistung zu erbringen. Zusatzausgaben seien im Budget des Innenministeriums unter Allgemeinposten angeführt gewesen, was ob der Summen ungewöhnlich gewesen wäre, so Mauser.

Im Zuge der Befragung kündigte Mauser an, dass ein neuerlicher RH-Bericht zum Blaulichtfunk demnächst - in den nächsten Tagen oder Wochen - vorgelegt werden soll.

Pilz stellte im Rahmen der Befragung den Vorwurf in den Raum, dass der US-Technologieanbieter Motorola (aus dem letztlich siegreichen Tetron-Konsortium) versucht habe, durch eine Verzögerung der Vergabe an das Mastertalk-Konsortium doch noch ins Geschäft zu kommen. Dies sei aber aufgrund der Zeitvorgaben im Ausschreibungsverfahren nicht mehr möglich gewesen, daraufhin habe man sich an das Finanzministerium gewandt, wo allerdings eine Zeitverzögerung auch nicht mehr rechtlich gedeckt gewesen wäre. In Folge habe jemand aus dem Kabinett des damaligen Innenministers Ernst Strasser (ÖVP) das eigene Vergabeverfahren beim Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) angezeigt, um den Rechtsstreit zwischen Innenministerium und Mastertalk zu befeuern - und somit doch noch Tetron zum Auftrag zu verhelfen, so Pilz. (APA, 30.5.2012)