Wien - "Es ist jetzt an der Zeit, dass es zu einer Entscheidung kommt" - mit dieser Aussage hat der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn jüngst in einem Interview mit der Catholic News Agency eines deutlich gemacht: Die Güte des Herrn ist zwar unendlich, die Geduld der Bischöfe mit der Pfarrerinitiative rund um Helmut Schüller aber enden wollend.
Und es scheint sich damit auch innerhalb der österreichischen Bischofskonferenz jener Flügel durchgesetzt zu haben, der von Anbeginn an eine härte Gangart im Umgang mit dem "ungehorsamen" Personal forderte. Völlig offen ist hingegen, wie mögliche Sanktionen aussehen können. Österreichs Bischöfe haben sich bislang zwar inhaltlich und formal klar von der Pfarrerinitiative distanziert, vermieden aber eine kirchenrechtliche Befassung. Obwohl der "Aufruf zum Ungehorsam" auf den Kanon 1373 im Kirchenrecht eigentlich fast maßgeschneidert passt: "Wer öffentlich wegen irgendeiner Maßnahme der kirchlichen Gewalt oder eines kirchlichen Amtes Streit der Untergebenen oder Hass gegen den Apostolischen Stuhl oder den Ordinarius hervorruft oder die Untergebenen zum Ungehorsam gegen diese auffordert, soll mit dem Interdikt oder anderen gerechten Strafen belegt werden", heißt es da.
Sorge vor "Showdown"
Kirchenexperten halten aber von einem öffentlichen "Showdown" wenig. "Der Kardinal hat wenig Spielraum. Setzt er kirchenrechtliche Sanktionen, wird der mediale Aufschrei groß sein und eine Kirchenaustrittswelle wäre die Folge", sagt Jan-Heiner Tück, Vorstand des Instituts für Dogmatische Theologie an der Uni Wien. Die Verhängung von Redeverboten für Helmut Schüller sei "daher ebenso kontraproduktiv wie dessen Ankündigung, keinen Millimeter von seinen Forderungen abzurücken. Ein Gespräch ist nur aussichtsreich, wenn beide Seiten hörbereit sind", gibt Tück zu bedenken. Im Konflikt würden die Zeichen derzeit aber eher auf eine Zuspitzung hindeuten.
Immerhin, meint der Wiener Kirchenrechtler Richard Potz, sei "beiden Seiten klar, dass die Situation äußerst heikel ist". Aber offensichtlich gerate der Kardinal von mehreren Seiten unter Druck: "Theoretisch kann Schönborn in Hinblick auf die Gehorsamsverpflichtung eine ganze Reihe von Maßnahmen setzen. Wie realistisch das ist, ist aber eine ganz andere Frage", sagt Potz im Gespräch mit dem STANDARD. Eine Versetzung etwa hätte wenig Sinn, eine Suspendierung könnte ein Austrittswelle auslösen. Also was tun? Der Kirchenrechtler würde auf Geduld setzen und auf die Einsicht, dass "es Situationen gibt, die fast nicht lösbar sind". Für Potz ist klar: Egal, welchen Schritt Kardinal Schönborn setzt, er verliert: "Das ist wohl eine Lose-lose-Situation." (Peter Mayr/Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 31.5.2012)