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Nicht nur Spaniens Banken sollen auf Vordermann gebracht werden: Alle sollen in einen Haftungsverbund.

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Brüssel - Als Antwort auf die Wirtschafts- und Währungskrise müssten die verantwortlichen Regierungen in Europa jetzt endlich "Mut zeigen", mahnte José Manuel Barroso am Mittwoch in einer Erklärung in Brüssel ein. Sie müssten den Bürgern offen und offensiv erklären, dass nicht der Rückfall ins nationale Klein-Klein, sondern nur die gemeinsame Entwicklung einer "wirklichen Wirtschaftsunion" als nächster Schritt nach der Währungsunion Erfolg verspreche.

Seine Behörde wolle schon beim nächsten EU-Gipfel mit gutem Beispiel vorangehen, fuhr der EU-Kommissionspräsident fort, und ganz konkrete Vorschläge für eine Stärkung des Bankensektors in der Union vorlegen. Dabei gehe es um die Schaffung eines einheitlichen Systems der Einlagensicherung ebenso wie um stärkere Kontrolle und Aufsicht in einer integrierten Bankenaufsicht.

Bankenhilfen drücken auf die Budgets

Barroso nahm in Anlehnung an die Währungsunion mehrfach den Namen " Bankenunion" in den Mund. Anlass des Vorstoßes der EU-Zentralbehörde waren neben der aktuellen Krise in Spanien der Beschluss der Kommission zur Haushaltslage in den Mitgliedsländern mitsamt den Empfehlungen an die nationalen Regierungen. Darin wird - bei aller Unterschiedlichkeit der Lage der EU- und Eurostaaten - vor allem deutlich, wie sehr die Bankenhilfen auf die Budget- und Schuldensituation der Länder drücken. Spanien ist derzeit nur das dringendste Beispiel. Dieser "Teufelskreis muss durchbrochen werden", heißt es in einem Dokument.

Barroso fordert daher für eine künftige Bankenunion auch ein, dass Hilfen an die Kreditinstitute nicht in Form von einzelstaatlichen Krediten oder Beteiligungen, sondern direkt aus dem künftigen Eurorettungsfonds (ESM) erfolgen sollen. Der Kommissionschef sagte, beim letzten Treffen hätten sich viele Regierungschefs dafür ausgesprochen. Der ESM soll ab 1. Juli in Kraft treten, mit 700 Milliarden Euro dotiert werden, muss aber in vielen Staaten noch ratifiziert werden - auch in Österreich. Man brauche einen Fahrplan, einen genauen Zeitplan, so Barroso. Nur wenn die Lasten geteilt werden, würde sich wieder das Vertrauen der Investoren einstellen, meint Barroso.

Aber nicht nur die Bankenstabilisierungen der vergangenen Jahre drücken auf die Budgets der Regierungen. Der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit einiger Staaten in der Eurozone sei eines der großen Probleme für eine gemeinsame Währung. Als Hauptstoßrichtung von Maßnahmen sieht die Kommission die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

Wachstumsführer

Was einzelne Länder betrifft, schneidet vor allem Deutschland sehr gut ab. Die Kommission warnt zwar vor den Folgen rascher Überalterung, sieht Berlin aber auf gutem Weg vom früheren "Wachstumsnachzügler zu einem Wachstumsführer": Deutschland ist neben Bulgarien das einzige EU-Land, bei dem die Kommission das laufende Verfahren wegen übermäßigen Defizits einstellt.

Zum Problemfall könnte hingegen Frankreich werden, das zweitgrößte Euroland: Setzt es keine Sparmaßnahmen, steigt das Defizit 2013 auf 4,6 Prozent an, statt auf drei Prozent zu fallen.

Bei Österreich läuft das Defizitverfahren weiter. Griechenland droht nach wie vor die Staatspleite, vermerkt die Kommission. Der Erfolg hänge allein von der Regierung in Athen ab. Vereinbarte Milliardenzahlungen gebe es nur bei der Umsetzung von Reformen.

Im Fall Ungarns hebt die Kommission die Blockade der Auszahlung von 495 Millionen Euro an Strukturförderung wieder auf, die sie im März eingefroren hatte, weil Budapest Budgetvorgaben ignorierte. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 31.5.2012)