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Foto: Lisi Specht

Auf Seite 28 der aktuellen "Vogue" ist ausnahmsweise einmal alles anders, als es normalerweise ist: Weder räkeln sich spindeldürre Models in schicken Designerkleidern, noch preisen Unternehmen ihre neuesten Luxuserzeugnisse an. Stattdessen wenden sich die 19 Chefredakteure der weltweit erscheinenden "Vogues" an ihre Leserinnen: Man möchte dazu beitragen, "ein gesundes Körperbewusstsein in der Modebranche zu fördern".

Deswegen verpflichte man sich in Zukunft, nicht mehr "wissentlich mit Models zu arbeiten, die unter 16 Jahre alt sind oder an Essstörungen leiden". Man wolle ab sofort deren Personalausweise prüfen, man setze sich für gesundheitsbewusste Arbeitsbedingungen ein und möchte die Botschaft eines gesunden Körperbildes verbreiten. Auf den 208 Folgeseiten ist dann aber eigentlich wieder alles, wie es immer ist in der weltweit wichtigsten Modezeitschrift: mit Ausnahme einer Fotostrecke mit einem sogenannten Plus-Size-Model.

Keine Sympathieträger

Die Mode tut sich schwer mit ihren Körperbildern. Zähneknirschend verteidigte man lange das Idealbild der hünenhaften Frau ohne Rundungen und mit Zahnstocherbeinen und führte dafür viele Gründe ins Feld: Kleider würden an superschlanken Models schlichtweg besser aussehen, die Agenturen hätten nur diesen Typ unter Vertrag, und schließlich entsprächen sie nichts weniger als dem gesellschaftlichen Ideal. Eigenartigerweise setzt man in der Mainstream-Werbung aber schon lange auf natürliche (wenngleich idealisierte) Körper. In der Werbung weiß man: Zu dünne Models sind keine Sympathieträger.

Langsam scheint das auch die Mode zu begreifen. Sie redet sich zwar gerne darauf hinaus, einen "Traum" und nicht die Wirklichkeit zu verkaufen, ihr Schlankheitswahn ist aber an ein natürliches Ende gekommen - zumal es gesellschaftlich immer mehr Gegenwind gibt. Die Zahlen jener Menschen, die an Essstörungen leiden, schnellen immer weiter in die Höhe (allerdings auch jene der stark Übergewichtigen), immer schärfer wird die Diskussion über vereinheitlichte Körperbilder geführt. Das Unbehagen am eigenen Körper hat so viele Menschen erfasst wie noch nie. Irgendwann reagiert hoffentlich auch die Mode darauf. Mit Taten, nicht nur mit Manifesten. (hil, Rondo, DER STANDARD, 1.6.2012)