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Die Haut besitzt ein Erinnerungsvermögen. Sonnenbrände vergisst sie nicht.

Weltweite Studien belegen den Zusammenhang zwischen Sonnenbränden in der Kindheit und Melanomen. Der Dermatologe Herbert Hönigsmann rät zu vornehmer Blässe.

Standard: Sonne ist gefährlich, mahnen Hautärzte. Gehen Sie eigentlich noch in die Sonne?

Hönigsmann: Ich bin kein Sonnenanbeter, und um ein bisschen Sonne geht es auch nicht. Wir warnen vor dem "Am Strand braten". Bräune als Schönheitsideal ist eine Torheit der Mode, als Arzt sollte man jedem zu vornehmer Blässe raten.

Standard: Einen Sonnenbrand am Anfang des Urlaubs finden die meisten aber immer noch ganz normal...

Hönigsmann: Bräune ist ein Zeichen für Hautschädigung, Sonnenbrand eine vorwiegend durch kurzwelliges UVB-Licht verursachte Verbrennung.

Standard: Die aber wieder vergeht ...

Hönigsmann: Ja, aber die Schädigung der DNA in den Hautzellen bleibt. Die Mitochondrien merken sich jede Dosis Sonne, die der Körper abbekommt, und das lebenslang. Je nach Hauttyp sind die Schäden dann irreparabel. Schäden, weißer oder schwarzer Hautkrebs die Folge. Es gibt weltweite Studien, die den Zusammenhang zwischen Sonnenbränden vor allem in der Kindheit und Jugend und Melanomen belegen. Deshalb sind Solarien für Jugendliche unter 18 Jahren verboten.

Standard: Ist diese Gefahr durch Sonnencremen gebannt?

Hönigsmann: Wenigstens zu einem Teil. Die meisten Menschen tragen nur ein Drittel der Menge von Sonnencreme auf, die den auf der Verpackung versprochenen Schutz liefert. Insofern empfehlen wir hohe Lichtschutzfaktoren. Wer sich ungenügend mit einer Faktor- 50-Creme eincremt, kommt so zumindest vielleicht auf einen Faktor 15-Schutz. Für die Mittagssonne ist das immer noch zu wenig, auch wenn man unter dem Sonnenschirm liegt. Sand reflektiert ja die Strahlung.

Standard: Macht es Sinn, gegen Ende des Urlaubs auf einen geringeren UV-Schutz umzusteigen?

Hönigsmann: Nein, überhaupt nicht. Es geht ja immer darum, chronische UV-Schäden zu vermeiden. Wenn die Haut in der Sonne scheckig und fleckig wird, ist das ein deutliches Zeichen von Sonnenschäden. Es geht nicht immer nur um Hautkrebs, auch um Hautalterung.

Standard: Was halten Sie von Gerüchten, chemische Filter seien gesundheitsschädigend?

Hönigsmann: Diese Filter werden seit über 20 Jahren verwendet, es gibt keine Hinweis auf eine toxische Wirkung. Es ist viel gefährlicher, sich nicht einzucremen.

Standard: Was halten Sie von mineralischen Filtern?

Hönigsmann: Sie sind auch ein sehr guter Schutz, weil sie das Licht reflektieren. Oft bilden sie deshalb aber einen weißen Film auf der Haut. Die Texturen haben sich allerdings in den letzten Jahren stark verbessert. In vielen Cremen wird beides eingesetzt. Säuglinge und Kleinkinder sollten jedenfalls gar nicht in die Sonne, auch nicht, wenn sie eingeschmiert sind.

Standard: Was halten Sie von Infrarot-Schutz in Sonnencremen?

Hönigsmann: Es geht bei Infrarot um Wärme. Auch sie schädigt die Haut, das weiß man von Leuten, die viel mit dem Laptop am Schoß gearbeitet haben und braune Flecken an den Oberschenkeln bekamen. Inwieweit hier eine Creme gegen die Wärme helfen kann, ist mir unklar. Ich denke, das ist einstweilen ein Marketing-Gag.

Standard: Sollte die Tagescreme im Sommer UV-Filter enthalten?

Hönigsmann: Das hängt davon ab, wie lange man sich auf dem Weg zur Arbeit im Freien aufhält. UVA-Licht dringt auch durch die Fensterscheiben, bei langen Autofahrten kann das ein Thema sein. (Karin Pollack, DER STANDARD, 1.6.2012)