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Die Feuerwehr sucht in den Trümmern der Fabrik des Medizingeräteherstellers Haemotronic nach weiteren Personen.

Foto: EPA/Carlo Ferraro

Rom - Nach dem Beben in der norditalienischen Region Emilia Romagna haben die Justizbehörden eine Untersuchung wegen des Einsturzes von Fabriken und Lagerhallen angekündigt. Der Beschluss wurde gefasst, nachdem 13 Arbeitnehmer unter den Trümmern gestorben sind. Am Mittwoch wurde ein vermisster Arbeiter tot geborgen, die Zahl der Opfer des jüngsten Bebens stieg auf 17 Tote und 350 Verletzte.

Allein in der Ortschaft Medolla starben vier Arbeiter in den Trümmern einer Fabrik des Medizingeräteherstellers Haemotronic. Die Justizbehörden vermuten, dass die Gebäude nicht den Sicherheitsstandards entsprachen.

Fabriken nicht den seismischen Standards angepasst

Die Gewerkschaften kritisierten, dass die Arbeitnehmer der Provinz Modena nach dem schweren Erdbeben am 20. Mai mit sechs Toten zu früh in die beschädigten Objekte zurückgekehrt seien. "Man hätte die Stabilität der Gebäude tiefgehender überprüfen müssen", kritisierte Gewerkschafschefin Susanna Camusso. Sie bemängelte, dass viele Fabriken in der Gegend, die in den vergangenen Jahren errichtet wurden, nicht den seismischen Standards angepasst waren.

Öl ins Feuer schüttete Arbeitsministerin Elsa Fornero. "Es ist natürlich, dass die Erde bebt, es ist aber nicht normal, dass die Gebäude einstürzen. Das geschieht in anderen Ländern nicht", meinte sie. Zivilschutzchef Franco Gabrielli: "Wir werden klären, warum so viele Fabriken eingestürzt sind." Der Präsident des Unternehmerverbands Confindustria, Giorgio Squinzi, erwiderte, dass die meisten Lagerhallen und Werke der Region den modernsten Bauvorschriften entsprachen.

Stärke 3,6

Bei den Menschen in der Region liegen die Nerven blank. In der Nacht auf Donnerstag wurde das Gebiet erneut von über 30 Nachbeben erschüttert, teilte der Zivilschutz mit. Das stärkste Nachbeben der Stärke 3,6 auf der Richterskala ereignete sich um 6.20 Uhr und hatte sein Epizentrum in der Ortschaft Finale Emilia bei Modena, die bereits vom schweren Erdstoß am 20. Mai betroffen worden war. 14.000 Einwohner sind obdachlos. Viele leben bei Freunden oder in Notunterkünften. Ein weiteres Erdbeben der Stärke 3 wurde vor den Küsten der süditalienischen Region Kampanien registriert, berichtete das nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV).

Höhere Benzinsteuer als Hilfsmaßnahme

Die Schäden sind immens: Die Regierung Monti verabschiedete ein Paket mit Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Gebiete. Zur Finanzierung des Plans wurde eine Erhöhung der Benzinsteuer von zwei Cent pro Liter beschlossen. Die höhere Benzinsteuer gilt bis Jahresende und soll laut Medienberichten 500 Millionen Euro einbringen. Die Regierung Monti beschloss außerdem, dass die vom Erdbeben betroffenen Gemeinden sich nicht an den internen Stabilitätspakt halten müssen, der die Lokalverwaltungen zu strengen Einsparungen zwingt. Ein mit über zwei Milliarden Euro dotierter Fonds soll für den Wiederaufbau der Region eingerichtet werden, berichtete Vize-Wirtschaftsminister Vittorio Grilli.

Die Gesamtschäden nach den Beben sollen hingegen bis zu fünf Milliarden Euro ausmachen. Allein auf über eine halbe Milliarde Euro werden die Schäden im Herz der italienischen Lebensmittelproduktion geschätzt. "Die Krise in Italien wird sich wegen der Folgen des Erdbebens noch mehr verschärfen", prophezeit Italiens Unternehmerverband Confindustria. Die Regierung erklärte allerdings, dass Italien vorerst keine Hilfe aus dem Ausland zur Bewältigung der Erdbebenkrise benötigt. Der kommende Montag wird in Italien ein Trauertag sein. (APA, 31.5.2012)