Wir fragten fünf Frauen, wie sie mit den herrschenden Körperbildern umgehen, und baten sie, sich im Badeanzug oder im Bikini fotografieren zu lassen

Alina Karre, 16

STANDARD: Haben Sie lange überlegt, ob Sie sich in einem Badeanzug fotografieren lassen?

Alina Karre: Nein, allerdings musste ich meine Mutter fragen, ob sie es erlaubt. Sie gab erst ihre Zustimmung, nachdem sie die Fotografin kennenlernt hat.

STANDARD: Wie wichtig ist Ihnen der Blick der anderen?

Karre: Das hängt von meiner Stimmung ab. Habe ich gute Laune, dann erwidere ich ihn und spiele damit. Intensive, unangenehme Blicke stören mich aber.

STANDARD: Gibt es für Sie einen idealen Körper?

Karre: Meine Freunde sind alle sehr unterschiedlich, aber alle haben gewisse Merkmale, die sie schön machen und die ich schön finde. Wir machen uns gegenseitig Komplimente, das baut uns auf. Ich finde, man sollte das Schöne im Menschen sehen und nicht die Probleme, die haben wir alle. Ich finde es deshalb auch sehr eigenartig, wenn man sich unters Messer legt - außer es ist aus gesundheitlichen Gründen absolut notwendig.

Alina Karre ist Schülerin und kommt aus Wien. Sie trägt einen Bikini von Calzedonia und Sandalen von M Missoni.

Foto: Lisi Specht

Lea Siegl, 18

STANDARD: Haben Sie lange überlegt, ob Sie sich in einem Badeanzug fotografieren lassen?

Lea Siegl: Ja, ich war sehr skeptisch, viele meiner Lehrer lesen den Standard, ich wollte nicht, dass sie mich so sehen. Mein Vater hat allerdings gemeint, alles, was Spaß macht, sollte man zumindest probieren.

STANDARD: Wie wichtig ist Ihnen der Blick der anderen?

Siegl: Man hat immer Angst davor, was andere Menschen über einen denken, mir ist das aber nicht so wichtig, auch nicht, was man in meinem Heimatdorf über mich denkt. Ich fühle mich geschmeichelt, dass ich da mitmachen darf!

STANDARD: Gibt es für Sie einen idealen Körper?

Siegl: Das ist einer, in dem man sich wohlfühlt und den man für sich persönlich schön findet. Schönheitsideale sind mir egal, jeder soll diese selbst für sich bestimmen. In meinem Dorf werde ich damit weniger konfrontiert, da zählt eher, dass man sich in die Dorfgemeinschaft einfügt.

Lea Siegl ist Schülerin und kommt aus Jennersdorf im Burgenland. Sie trägt einen Badeanzug von Louis Vuitton.

Foto: Lisi Specht

Denise Kottlett, 31

STANDARD: Haben Sie lange überlegt, ob Sie sich in einem Badeanzug fotografieren lassen?

Denise Kottlett: Nein, ich hatte keine Zeit, mir das lange zu überlegen. Aber ich trete auch als Burlesquetänzerin auf, da bin ich öfters nackt oder in Nacktkostümen auf der Bühne.

STANDARD: Wie wichtig ist Ihnen der Blick der anderen?

Kottlett: Das kommt auf den Kontext an. Es ist mir wichtig, mich dem Blick der anderen nicht auszuliefern. Als Künstlerin suche ich mir den Kontext, in dem ich auftrete, sehr gezielt aus. Ich denke, die meisten Menschen müssen erst lernen zu sehen, die Frage ist, ob man fähig ist, einen Blick auch zu reflektieren.

STANDARD: Gibt es für Sie einen idealen Körper?

Kottlett: Ich finde das eine doofe Frage, ich kann einen Körper nicht von einer Person trennen. Aber natürlich gibt es Personen, die ich begehre.

Denise Kottlett lebt als Künstlerin in Wien. Sie trägt einen Bikini von Rosa Faia.

Foto: Lisi Specht

Gudrun Ihniger, 23

STANDARD: Haben Sie lange überlegt, ob Sie sich in einem Badeanzug fotografieren lassen?

Gudrun Ihniger: Nein, ich habe kein Problem damit. Ein Fotoshooting habe ich aber noch nie gemacht.

STANDARD: Wie wichtig ist Ihnen der Blick der anderen?

Ihniger: Ich sehe es als Kompliment, wenn ich gerne betrachtet werde. Ich fühle mich dabei nicht als Objekt, im Freibad trage ich auch einen Badeanzug, ich gefalle mir darin.

STANDARD: Gibt es für Sie einen idealen Körper?

Ihniger: Er muss zur gesamten Person passen. Es ist egal, ob jemand dick oder dünn ist, ich kenne viele mollige Frauen, die ganz großartig aussehen. Jeder hat an seinem Körper etwas auszusetzen, ich selbst hätte gerne einige Kilos mehr. Ich ärgere mich wenn ich als magersüchtig bezeichnet werde, ich kenne Menschen, die das wirklich sind, und ich weiß, wie furchtbar das ist. Es ist ein blödes Vorurteil, dass alle, die schlank sind, magersüchtig sind.

Gudrun Ihniger ist Sängerin, sie kommt aus der Nähe von Wels und trägt auf unserem Bild einen Badeanzug von Wolford.

Foto: Lisi Specht

Nina Suess, 49

STANDARD: Haben Sie lange überlegt, ob Sie sich in einem Badeanzug fotografieren lassen?

Nina Suess: Nein, gar nicht, ich kenne die Fotografin, und ich vertraue ihr. Ich weiß, dass sie mich vorteilhaft ablichtet.

STANDARD: Wie wichtig ist Ihnen der Blick der anderen?

Suess: Ich habe versucht, vor der Kamera so natürlich als möglich zu sein, den Blick der anderen auszublenden. Aber ich finde es schön, gesehen zu werden. Was ich nicht mag, ist angestarrt oder gemustert zu werden.

STANDARD: Gibt es für Sie einen idealen Körper?

Suess: Ich habe ein verinnerlichtes Ideal von mir selbst. Dieses hat nichts mit Modelmaßen oder bestimmten Schönheitskriterien zu tun, auch wenn man sich davon natürlich nicht ganz freimachen kann. Früher bin ich gegen idealisierte Körpervorstellungen Sturm gelaufen, heute fühle ich mich davon nicht mehr bedroht. Es hat sich so etwas wie eine optische Abnutzung ergeben.

Nina Suess ist Freiberuflerin in Wien, sie trägt einen Bikini von Emporio Armani.

Fotos: Lisi Specht
Assistenz: Pilo Pichler
Styling: Karin Boba
Make-up & Haare: Sandra Haiden
Mode von Wolford, COS, Prada, Emporio Armani, Rosa Faia, Louis Vuitton (Rondo, DER STANDARD, 1.6.2012)

>>>Zum Artikel: Die Vermessung des Körpers

Foto: Lisi Specht