In den Archiven der Royal Astronomical Society (RAS) findet sich dieses Bild. Es zeigt den Venustransit von 1874, beobachtet vom französischen Astrophysiker Jules Janssen. Das Muster ist typisch für damalige Beobachtungsteleskope.

Foto: RAS Archives

Wien - Noch unbeobachtet, aber immerhin vorhergesagt war ein Venusdurchgang im Jahr 1631. Johannes Kepler berechnete ihn anhand seiner "Rudolfinischen Tafeln" ebenso wie einen Merkurdurchgang im selben Jahr. Doch Kepler starb 1630 und der Franzose Pierre Gassendi konnte zwar als erster Mensch einen Merkurdurchgang beobachten, die Venus sah er aber nicht an der Sonne vorüberziehen. Er wusste nicht, dass das Ereignis in Europa in der Nacht auf den 7. Dezember nach Sonnenuntergang begann und vor Sonnenaufgang zu Ende war.

Für 1639 hatte Kepler berechnet, dass die Venus knapp an der Sonne vorbeizieht. Doch der Engländer Jeremiah Horrocks kam zu einem anderen Ergebnis. An dem vorhergesagten Tag "hielt [er] sorgfältig und unablässig nach einem schwarzen Körper Ausschau, der in die Lichtscheibe eintreten könnte", wie er in seinem Bericht mit dem Titel "Die Venus wurde in der Sonne gesehen" schrieb. Er sah den Transit kurz vor Sonnenuntergang.

Aufruf zur weltweiten Datenmessung 1716

1716 rief Edmond Halley die Wissenschafter weltweit auf, den nächsten Venusdurchgang von möglichst vielen, weit entfernten Orten zu vermessen. Mit den Daten könne man den noch unbekannten Abstand der Erde zur Sonne berechnen. 200 Astronomen folgten dem Aufruf und versuchten von weltweit 120 Stationen aus, den Durchlauf zu beobachten. Das Ergebnis war enttäuschend: Keiner der Beobachter konnte die genauen Zeitpunkte bestimmen, an dem die Venus komplett in die Sonne hinein und wieder heraus wanderte. Als es so weit war, sah sie nicht wie eine Scheibe aus, sondern hatte die Form eines Tropfens. Ursache dieses "Schwarzer-Tropfen-Phänomens" dürfte unzureichendes Beobachtungsgerät sein. Immerhin sah der Russe Lomonosov vor dem ersten Kontakt einen hellen Ring um den Planeten und schloss, dass die Venus eine Atmosphäre hat.

Der nächste Durchgang 1769 war in Europa nicht zu beobachten, also waren noch mehr Expeditionen gefragt. Die wohl bekannteste war jene von James Cook, der mit seinem Schiff Endeavour auf die kurz zuvor entdeckte Insel Tahiti aufbrach. Über 80 Stationen sammelten mehr als 150 Messungen, und wieder erschwerte das "Schwarzer-Tropfen-Phänomen" die Messungen. Doch mit den Daten der beiden Venusdurchgänge 1761 und 1769 konnte man die Entfernung der Erde zur Sonne bis auf vier Promille genau berechnen.

Erste Fotografien vom Venusdurchgang

Weil der Venusdurchgang von 1874 weder von Europa noch von der Neuen Welt aus zu sehen war, mussten die Forscher nach Asien, Australien und in den Indischen Ozean reisen. Von den Transit-Expeditionen überlebte aber keine einzige der Fotoplatten. Von den Fotoplatten aus dem Jahr 1882 sind noch elf Stück vorhanden.

Heute

Heute ist die Entfernung der Erde zur Sonne auf wenige Meter genau bekannt. Wissenschaftlich bringt der Venusdurchgang dennoch neue Möglichkeiten. Von seiner Beobachtung kann man nämlich über Planetendurchgänge in anderen Sonnensystemen lernen. Durch die minimale Abdunklung, die passiert, wenn sich ein Planet vor seinen Zentralstern bewegt, konnten Wissenschafter schon so manchen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems entdecken. Etwa Kepler-22b, einen erdähnlichen Exoplaneten, der einen rund 600 Lichtjahre von der Erde entfernten, sonnenähnlichen Stern in der habitablen Zone umrundet. (APA/red, derStandard.at, 5.6.2012)