Wien - Im Wiener Wirtschaftsparlament gibt es die erste parteiunabhängige Mandatarin: Die Unternehmensberaterin Martina Schubert hat am Mittwoch einen Sitz von der Grünen Wirtschaft übernommen. Sie will sich für eine gerechtere Sozialversicherung für Selbstständige stark machen, denn sehr oft würden diese durch die hohen Beiträge finanziell scheitern: "Mein Ziel ist, dass Ein-Personen-Unternehmen von ihrer Tätigkeit leben können", betonte sie in einer Pressekonferenz.

Gegen das Prekariat

Der Unternehmensberaterin ist die oft prekäre Situation von Selbstständigen bekannt: "Ich bin seit meinem 18. Lebensjahr selbst ein Ein-Personen-Unternehmen und das heißt, dass man in den 24 Stunden pro Tag für alles zuständig und verantwortlich ist." Neben einer höheren Arbeitsbelastung unterliegen Ein-Personen-Unternehmen (EPU) denselben Rahmenbedingungen wie größere Unternehmen. Das heißt, sie müssen denselben Mindestbeitrag in die Sozialversicherung einzahlen, obwohl sie kleiner sind. Damit seien Selbstständige oft finanziell überfordert und würden sehr schnell ihre Existenz gefährden.

Schubert berief sich dabei auf eine von ihr erstellte Statistik. Diese soll verdeutlichen, dass die Mehrheit der Selbstständigen, die ausschließlich von ihrer Tätigkeit leben, durchschnittlich ein Netto-Jahreseinkommen von 10.900 Euro verdienen - also unter der Armutsgrenze. Zudem seien Selbstständige mit einem Risiko von zwölf Prozent einer fast doppelt so hohen Armutsgefährdung ausgesetzt als die gesamte Erwerbsbevölkerung Österreichs (sieben Prozent).

Grüne wollen Zeichen setzen

Diesen Umstand hat nun die Grüne Wirtschaft zum Anlass genommen, dieser Berufsgruppe mit dem Überlassen einer ihrer insgesamt vier Sitze im Wirtschaftsparlament eine Stimme zu geben: "Während andere Parteien nur von direkter Mitsprache reden, setzen wir es um. Frau Schubert ist an keine Vorgaben gebunden. Sie kann gegen oder für uns stimmen und ist befugt eigene Anträge zu stellen", versicherte deren Landessprecher Hans Arsenovic.

In der Wirtschaftsparlamentssitzung am Nachmittag wird Schubert ihre ersten Anträge einbringen. Unter anderem geht es dabei um die Verringerung der Exekution durch die Sozialversicherung und um Mitsprache in den Gremien der Wirtschaftskammer: "In den Fachgruppen und Sparten sind keine Vertreter von EPU vorhanden, das muss sich ändern", forderte Schubert.

"Amici delle SVA" und Business Mamas"

Die oft prekäre Situation der Selbstständigen wurde im Vorjahr von der Facebook-Gruppe "Amici delle SVA", deren Mitbegründer unter anderem der Kabarettist Werner Brix ist, auf das Tapet gebracht. Auch das von Schubert geführte Netzwerk "Business Mamas", das seinen Schwerpunkt auf berufstätige selbstständige Mütter legt, setzt sich schon seit längerem für EPU ein.

Die beiden Gruppen haben bereits Gespräche mit der Wirtschaftskammer sowie mit dem Sozial- und Gesundheitsministerium geführt, berichtete Schubert: "Wir hatten schon eine Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage in der Pensions- und Krankenversicherung durchgesetzt und dann kam uns das Sparpaket dazwischen." Trotzdem zeigten sich die Unternehmensberaterin und Brix zuversichtlich, die Situation verbessern zu können. Denn beide versicherten unisono: "Wir werden nicht locker lassen und Gesetze brauchen halt eine Weile." (APA, 31.5.2012)