Innsbruck - "Die Touristen sagen dazu nichts - weil es sie nicht mehr gibt", meint Michael Kasenbacher sarkastisch. 150 Meter von der Eisenbahn und 200 Meter von der Autobahn entfernt wohnt er in Terfens im Tiroler Unterland. Untertags halte er im Garten den Lärm nicht länger als zwei Stunden aus, nachts sei an Schlafen bei offenem Fenster nicht zu denken, weil alle drei bis fünf Minuten ein Güterzug vorbeidonnere.

Ähnliches erzählt auch Bernhard Zehetner aus Münster. In den vergangenen Tagen hatte er im Schlafzimmer 27 Grad - die Fenster mussten trotzdem geschlossen bleiben, an erholsamen Schlaf sei nicht zu denken gewesen.

"Vorrang für die Gesundheit der Anrainer"

Fritz Gurgiser vom Transitforum bestreitet nicht, dass im vergangenen Jahrzehnt in den Lärmschutz entlang der Tiroler Transitrouten viel investiert worden sei. Die dramatischen Zuwächse beider Verkehrsträger würden aber eine Neubewertung erfordern, und er verlangt "Vorrang für die Gesundheit der Anrainer".

Gemeinsam mit diesen will Gurgiser von den Einnahmen auf der Brennerautobahn ein größeres Stück vom Mautkuchen für den Lärmschutz. 130 bis 140 Millionen Mauteuro würden jährlich ins Asfinag-Budget fließen, nur ein Prozent bleibe derzeit unter dem Titel "Verbesserung der Lebensqualität in Tirol und Vorarlberg" in der Region.

Verkehrsministerium zuständig

Hermann Mattle von der Alpenstraßen AG verweist darauf, dass für die Einhaltung der Grenzwerte und potenzielle Maßnahmen zum Lärmschutz das Verkehrsministerium zuständig sei.

Schallschutzfenster lehnen die Anrainer als Lösung ab: "Wir wollen nicht im Haus drinnen wie in einem Getto leben", meint Kasenbacher, zu einer wirksamen Bekämpfung des Lärms an seinen Quellen gebe es keine Alternativen.

Grundrecht

Gurgiser will sich auf keine Zahlen für den aus seiner Sicht nötigen Investitionsbedarf festlegen, verlangt allerdings angesichts des Auslaufens des Transitvertrages in wenigen Monaten Sofortmaßnahmen. Lärmschutz sei ein elementares Grundrecht, die gesundheitlichen Folgen durch Lärmbelastung hinreichend bekannt. Das Ziel laute: "Kurort-Qualität im Inntal". (hs/DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.6.2003)