Das niederländische Abtreibungsschiff Aurora soll in den nächsten Tagen Polens Küste ansteuern. Und die Abtreibungsgegner laufen Sturm gegen das "Mörderschiff". Auch Primas Jozef Glemp, Oberhaupt der katholischen Kirche, fand starke Worte: Abtreibung sei "Terrorismus".

Doch die Polinnen sind die Heuchelei leid. Denn das vor zehn Jahren verabschiedete strenge Abtreibungsrecht hatte nur eine Folge: die Preise für die nunmehr illegalen Abtreibungen schnellten in die Höhe. Ein Eingriff kostet heute zwischen 1000 und 2000 Zloty (250 bis 500 Euro), ein durchschnittliches Monatsgehalt.

In Polen können Frauen nur dann einen legalen Abbruch vornehmen lassen, wenn Leben oder Gesundheit der Frau in Gefahr ist, das Kind unheilbar krank oder nicht überlebensfähig zur Welt käme oder wenn die Frau vergewaltigt wurde.

Die "Aurora" soll nun auf das Problem aufmerksam machen, das sich unter dem Druck der Kirche zu einem Tabu entwickelt hatte. Die Organisation "Woman on Waves" wurde 1999 von der Gynäkologin Rebecca Gomberts gegründet. Sie hat von der niederländischen Regierung das Recht erhalten, auf dem Schiff Beratung zur Familienplanung durchzuführen sowie auch die Abtreibungspille RU-486 auszugeben. Die Bedingung ist, dass das Schiff in internationalen Gewässern bleibt - also 19 Kilometer von der Küste Polens entfernt. (Gabriele Lesser aus Warschau/DER STANDARD, Printausgabe, 21/22.6.2003)