"Evolution" des bestehenden Netzes
Allein, die lange Nacht der Telekomkrise verzögerte die Morgenröte bis heuer, und die wenigen Betreiber, die ihre Netze schon eröffneten, machen noch kein Morgenlicht. Österreich ist mit zwei Betreibern ( Mobilkom A1 und Hutchison 3G) zwar ein Frühstarter in Europa, aber das beschränkte Angebot (zwei Handymodelle, begrenzte Abdeckung) hat keinen Run ausgelöst. In aller Vorsicht haben die Betreiber damit begonnen, den "Business Case" für UMTS umzudefinieren. Nicht ein neues Geschäftsfeld würde sich damit auftun, erklärte Mobilkom-Chef Boris Nemsic zum 3G-Start Ende April, sondern eine "Evolution" des bestehenden Netzes. Nemsic rechnet darum die für heuer auf rund 100 Mio. Euro bezifferten UMTS-Investitionen nicht mit den Erträgen durch UMTS-Kunden auf, sondern sieht sie einfach als Investition in die Kapazität des Gesamtnetzes. Hutchison, das nur 3G und nicht GSM betreibt, wird sich da schwerer tun: Für den Anbieter aus China geht die Rechnung nur auf, wenn sich tatsächlich genug 3G-Kunden einfinden.
Zurückhaltung
Rundum herrscht inzwischen große Zurückhaltung bei Aussagen über die weitere Entwicklung. Bei seinem jährlichen Presse-Update erklärte Nokia -Präsident Pekka Ala-Pietilä Anfang dieser Woche, dass der Handyhersteller erst "im zweiten Halbjahr 2004" einen Massenmarkt für UMTS-Geräte erwarte. Derzeit liefert Nokia sein erstes 3G-Telefon 6650 (groß, schwer) in homöopathischen Dosen aus. Aus dem deutschen Markt haben sich bereits zwei der ursprünglich sechs Lizenznehmer verabschiedet (Mobilcom und Telefónica-Tochter Quam). Andere Unternehmen (die deutsche E-Plus und die britische 02) haben Milliarden abgeschrieben. Bei T-Mobile in Deutschland verzögert sich der Testbetrieb, und vor wenigen Wochen unkte das Unternehmen, dass man Kunden keine unausgereifte Technologie zumuten könne.
Langfristige Perspektive
Bei Nokia findet man dennoch gute Argumente für die langfristige Perspektive. Schuld an der Verzögerung sei nicht die Technik, sondern die schlechte Wirtschaftslage, sagt Nokia-Technikvorstand (CTO) Yrjö Neuvo. Tatsächlich können viele technische Entwicklungen erst im Echtbetrieb, aber nicht mehr im Labor gelöst werden. Technik und Wirtschaft sind darum in einer Teufelsschleife: Verzögert sich die Investition, verzögert sich auch die nötige technische Reife für ein akzeptables Massenprodukt.
Prinzip Hoffnung
Dennoch sieht Neuvo eine Art zwingende Logik, die UMTS zum Durchbruch verhelfen wird. Leitungsgebundene Telefonie gebe es seit rund 100 Jahren, Datenverkehr erst seit relativ kurzer Zeit "und vor zehn Jahren konnte sich niemand ein Tempo von einem Megabyte pro Sekunde vorstellen. Bei den mobilen Netzwerken wiederholt sich diese Geschichte. Sobald es mobiles Breitband gibt, werden auch die dadurch möglichen Innovationen abheben" - also erst die Henne, dann das Ei. "Der Mobilfunkbereich liegt etwa zehn bis 15 Jahre hinter Telefonleitungen zurück, aber folgt demselben Weg."