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Der Weg ist lang und UMTS als funktionierendes Geschäftsmodell scheint in die Ferne gerückt zu sein.

Bild: Reuters/montage: derstandard.at
Der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt, als Mobilfunker und Handyhersteller vor gerade erst drei Jahren bei der weltgrößten Computermesse CeBIT bereits lautstark die Werbetrommel für "UMTS" (Universal Mobile Telecommunications System) rührten. Ein "Mobile Valley" wurde da noch wenige Wochen vor dem Platzen der Internetblase versprochen, und WAP-Handys (Internet am Handy) zu Millionen sollten den Weg für die dritte Generation (3G) des Mobilfunks ebnen, dessen Morgenröte Anfang 2002 anbrechen sollte. Und obwohl kurz danach die New Economy eine Bauchlandung produzierte, zahlten Mobilfunkbetreiber noch schnell exorbitante Milliardenbeträge (rund 100 Mrd. Euro europaweit) als Eintrittsgebühr in das erhoffte Eldorado.

"Evolution" des bestehenden Netzes

Allein, die lange Nacht der Telekomkrise verzögerte die Morgenröte bis heuer, und die wenigen Betreiber, die ihre Netze schon eröffneten, machen noch kein Morgenlicht. Österreich ist mit zwei Betreibern ( Mobilkom A1 und Hutchison 3G) zwar ein Frühstarter in Europa, aber das beschränkte Angebot (zwei Handymodelle, begrenzte Abdeckung) hat keinen Run ausgelöst. In aller Vorsicht haben die Betreiber damit begonnen, den "Business Case" für UMTS umzudefinieren. Nicht ein neues Geschäftsfeld würde sich damit auftun, erklärte Mobilkom-Chef Boris Nemsic zum 3G-Start Ende April, sondern eine "Evolution" des bestehenden Netzes. Nemsic rechnet darum die für heuer auf rund 100 Mio. Euro bezifferten UMTS-Investitionen nicht mit den Erträgen durch UMTS-Kunden auf, sondern sieht sie einfach als Investition in die Kapazität des Gesamtnetzes. Hutchison, das nur 3G und nicht GSM betreibt, wird sich da schwerer tun: Für den Anbieter aus China geht die Rechnung nur auf, wenn sich tatsächlich genug 3G-Kunden einfinden.

Zurückhaltung

Rundum herrscht inzwischen große Zurückhaltung bei Aussagen über die weitere Entwicklung. Bei seinem jährlichen Presse-Update erklärte Nokia -Präsident Pekka Ala-Pietilä Anfang dieser Woche, dass der Handyhersteller erst "im zweiten Halbjahr 2004" einen Massenmarkt für UMTS-Geräte erwarte. Derzeit liefert Nokia sein erstes 3G-Telefon 6650 (groß, schwer) in homöopathischen Dosen aus. Aus dem deutschen Markt haben sich bereits zwei der ursprünglich sechs Lizenznehmer verabschiedet (Mobilcom und Telefónica-Tochter Quam). Andere Unternehmen (die deutsche E-Plus und die britische 02) haben Milliarden abgeschrieben. Bei T-Mobile in Deutschland verzögert sich der Testbetrieb, und vor wenigen Wochen unkte das Unternehmen, dass man Kunden keine unausgereifte Technologie zumuten könne.

Langfristige Perspektive

Bei Nokia findet man dennoch gute Argumente für die langfristige Perspektive. Schuld an der Verzögerung sei nicht die Technik, sondern die schlechte Wirtschaftslage, sagt Nokia-Technikvorstand (CTO) Yrjö Neuvo. Tatsächlich können viele technische Entwicklungen erst im Echtbetrieb, aber nicht mehr im Labor gelöst werden. Technik und Wirtschaft sind darum in einer Teufelsschleife: Verzögert sich die Investition, verzögert sich auch die nötige technische Reife für ein akzeptables Massenprodukt.

Prinzip Hoffnung

Dennoch sieht Neuvo eine Art zwingende Logik, die UMTS zum Durchbruch verhelfen wird. Leitungsgebundene Telefonie gebe es seit rund 100 Jahren, Datenverkehr erst seit relativ kurzer Zeit "und vor zehn Jahren konnte sich niemand ein Tempo von einem Megabyte pro Sekunde vorstellen. Bei den mobilen Netzwerken wiederholt sich diese Geschichte. Sobald es mobiles Breitband gibt, werden auch die dadurch möglichen Innovationen abheben" - also erst die Henne, dann das Ei. "Der Mobilfunkbereich liegt etwa zehn bis 15 Jahre hinter Telefonleitungen zurück, aber folgt demselben Weg."

UMTS sei jetzt dort, wo vor zehn Jahren GSM angefangen hätte, "mit Geräten groß wie ein Ziegel und kurzer Batterielebensdauer, und hinter den Vorhängen mussten wir daran arbeiten, dass die Netze nicht zusammenbrachen", beschreibt Neuvo. "Es wird vier bis fünf Jahre dauern, bis wir bei UMTS ähnlich gut sind." (DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.6.2003, Helmut Spudich)