Washington - In der Debatte um fragwürdige Informationen der US-Nachrichtendienste über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen haben sich führende US-Senatoren darauf geeinigt, den Umgang der Regierung mit den Geheimdienstdossiers umfassender zu untersuchen als bisher geplant.

Kein vollwertiger Untersuchungsausschuss

Laut einer gemeinsamen Erklärung der republikanischen und demokratischen Senatoren vom Freitag soll die Untersuchung deutlich mehr umfassen als die bloße Durchsicht von Dokumenten des CIA und anderer US-Geheimdienste, wie sie vom Geheimdienstausschuss-Vorsitzenden Pat Roberts zunächst geplant war. Der republikanische Senator blockierte jedoch die Einrichtung eines vollwertigen Untersuchungsausschusses mit Sonderrechten und professionellen Ermittlern.

Es geht um Objektivität, Angemessenheit, Unabhängigkeit

Der Ausschuss will nun unter anderem den "Umfang und die Qualität" der US-Geheimdienstinformationen über das irakische Waffenprogramm untersuchen sowie die "Objektivität, Angemessenheit, Unabhängigkeit und Genauigkeit der Beurteilungen durch die Geheimdienste". Geprüft werden soll auch, ob die Schlussfolgerungen an die Politiker "richtig übermittelt" wurden und ob versucht wurde, Entscheidungsträger durch Manipulation der Geheimdienstinformationen bei der Meinungsbildung zum Irak-Krieg beeinflussen.

Bei der Untersuchung sollen Dokumente gesichtet, Interviews geführt sowie öffentliche und nichtöffentliche Anhörungen vorgenommen werden. Die Ergebnisse sollen bekannt gegeben, ein umfangreicher Abschlussbericht ist jedoch nicht geplant.

Noch immer keine Beweise

Zweieinhalb Monate nach der Einnahme Bagdads durch US- und britische Truppen liegen immer noch keine Beweise für irakische Massenvernichtungswaffen vor. Die US-Regierung hatte ihren Feldzug gegen den Irak vor allem damit begründet, dass die irakische Führung Massenvernichtungswaffen einsetzen könne und somit eine Gefahr darstelle.

Kritiker werfen der Regierung in Washington vor, Geheimdienstinformationen selektiv genutzt und Druck auf Geheimdienste ausgeübt zu haben, auch fragwürdige Quellen zu nutzen. Sie verweisen auf einen Bericht des US-Militärgeheimdienstes DIA vom September 2002, wonach es keine "verlässlichen Hinweise" auf die Produktion von Chemiewaffen im Irak gebe.

Vorwürfe gegenüber Blair

Eine ähnliche Diskussion gab es im britischen Parlament. Premierminister Tony Blair wird vorgeworfen, Geheimdienst-Dossiers bewusst "verschärft" zu haben, um die Gefahr von irakischen Massenvernichtungswaffen als bedrohlicher darzustellen und zugleich die Kriegsabsicht des engen Verbündeten USA zu untermauern. Blair, der auch unter Beschuss von Teilen seiner eigenen Labour Party geraten ist, hat einen Untersuchungsausschuss im Unterhaus in dieser Sache abgelehnt. (APA)