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Fereshta Ludin
Foto: APA/Uli Deck
Wien/Hamburg - Die deutsche Publizistin und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer ist dagegen, dass Mosleminnen als Lehrerinnen Kopftücher tragen dürfen. Anlass ist der Fall der Lehrerin Fereshta Ludin, über den der Bundesverfassungsgerichtshof in Karlsruhe urteilen muss. Die Kopftuch-Frage sei nicht deren Privatsache. Es gehe ums Prinzip, meinte Schwarzer in einem Beitrag, der im "Spiegel Online" veröffentlicht wurde.

"Das für Juli oder September erwartete Urteil in Karlsruhe wird weit reichende Folgen haben. Es verschließt oder öffnet dem Kopftuch alle deutschen Klassenzimmer - oder auch dem Tschador und der Burka, warum nicht. Schließlich lassen sich zweifellos auch so gewandete Musliminnen finden, die beteuern, aus 'ganz persönlichen religiösen Motiven' so gekleidet zu sein und weil sie sich sonst 'ihrer Blöße schämen'", schrieb Schwarzer.

Kopftuch erst seit 1979 wieder aktuell

Es gebe Millionen gläubiger Mosleminnen ohne Kopftuch auf der Welt; zumindest in den Ländern, wo sie nicht mit Gewalt und Todesdrohung zum Verschleiern gezwungen werden. Außerdem: Auch anerkannte moslemische Theologen seien sich keineswegs einig in der Frage. Das Kopftuchgebot grassiere weltweit überhaupt erst seit 1979, seit der Gründung des "Gottesstaates" im Iran und der Finanzierung des "Kreuzzuges" dank Saudiarabien.

Schwarzer fordert Miteinbeziehung von Expertinnen

Warum werde in Karlsruhe nicht auf die zahlreichen deutschen und internationalen Fakten und Erfahrungen zurückgegriffen?, fragte Schwarzer. "Warum fordert niemand einen Bericht bei Irene Khan, der Generalsekretärin von Amnesty International, an, die Muslimin ist - und unverschleiert? Warum fragt niemand nach Studien bei Wassila Tamzali, der langjährigen Unesco-Vorsitzenden für Frauen, Muslimin - und unverschleiert? Warum hört niemand bei der algerischen Politikerin Khalida Messaoudi-Toumi nach, die selbst jahrelang durch eine Fatwa bedroht war und heute in dem bürgerkriegsgeschüttelten Land an vorderster Front gegen die islamistischen Zwangsverschleierer steht?"

Die Amnesty-Chefin warne vor jeglicher Art von Unterdrückung der Frauen im Namen einer "anderen Kultur", betont Schwarzer. Und die Unesco-Anwältin appelliere öffentlich an die französische Justiz und Politik: "Haben Sie den Mut, Nein zu sagen!" (Zum Kopftuch in der Schule).

Schwarzer, 60, engagiert sich seit einer Iran-Reise 1979 gegen islamischen Fundamentalismus. Sie veröffentlichte zuletzt als Herausgeberin "Die Gotteskrieger und die falsche Toleranz" beim Verlag Kiepenheuer & Witsch. (APA)