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Auch nach dem Vorstoß der Grünen wird beim österreichischen Mietrecht eher nichts weitergehen.

Foto: APA/Schlager

Weil die Mieten in diesem Land seit mehreren Jahren stärker steigen als die Löhne und die Inflation, verlangen die Grünen einmal mehr eine umfassende Reform des Mietrechts. "Selbst dort, wo die Mieten reguliert werden müssten, haben sich die real verlangten Mieten längst von den gesetzlichen Vorgaben entkoppelt", kritisierte Justizsprecher Albert Steinhauser am Freitag. "In der Praxis gilt die Fantasiemiete der Vermieter."

Dass das nicht so weit hergeholt ist, wurde in dieser Woche auch bei der Präsentation des Mietpreisspiegels der Wirtschaftskammer deutlich. "Das hohe Preisniveau vor allem im städtischen Bereich und in den Speckgürteln ist für viele Familien jetzt schon eine unüberwindliche Hürde", sagte Fachverbands-Obmann Thomas Malloth, der ansonsten als nebenberuflicher ÖVP-Lokalpolitiker nicht sehr viele inhaltliche Gemeinsamkeiten mit Steinhauser teilt.

"Grundbetrag" statt Richtwert

Die Vorschläge der Grünen haben es freilich in sich: Statt des derzeitig geltenden Richtwertes soll ein "Grundbetrag" (für Kategorien von A bis D) als Grundlage für die Mietzinsbildung herangezogen werden, schlugen Justizsprecher Steinhauser und Bautensprecherin Gabriela Moser auf einer Pressekonferenz vor. Der "Grundbetrag" sollte allerdings auch nur dann zu hundert Prozent ausgeschöpft werden dürfen, wenn das Gebäude bzw. Mietobjekt vom Heizwärmebedarf her dem Niedrigenergiestandard entspricht. Falls nicht, soll es stufenweise Abschläge von bis zu 40 Prozent geben.

Ferner sollten auch alle anderen Zu- bzw. Abschläge im Gesetz taxativ aufgezählt werden, die Zuschläge außerdem gedeckelt werden - beides langjährige Forderungen von Mieterschützern. Abschläge soll es neben einem nicht adäquaten Heizwärmebedarf auch bei mangelnder Wohnungs- bzw. Gebäudeausstattung und schlechter Lage geben. Konkret soll das folgendermaßen aussehen, wie Steinhauser auch auf seinem Blog erklärt: "Nachdem aufgrund des 'Energieabschlages' ein bestimmter Betrag ermittelt worden ist, wird dieser als Basiswert für die weiteren Abschläge (Ausstattung und Zustand) herangezogen. Die Nominalabschläge im Bereich der Wohnungs- und Gebäudeausstattung sollen höchsten 80% betragen, sodass eine Wohnung, die zahlreiche Abschlagskriterien erfüllt, zumindest mit 20% des Grundbetrages (nach Abzug des Heizwärmebedarfsabschlags) angesetzt werden kann."

Gestaffelter Befristungsabschlag

Auch zum Befristungsabschlag haben sich die Grünen etwas überlegt. Grundsätzlich sollen Befristungen nur noch dann möglich sein, wenn es gute Gründe dafür gibt. In den "Grünen Positionen zum Mietrecht" aus dem Vorjahr werden etwa eine beabsichtigte Sanierung oder ein absehbarer Eigenbedarf des Vermieters genannt.

Den derzeit geltenden einheitlichen Befristungsabschlag von 25 Prozent vom Mietzins, sobald eine Wohnung befristet vermietet wird, wollen die Grünen wieder staffeln - ähnlich wie dies schon vor dem Jahr 2000 der Fall war. Bei einer Befristung von drei Jahren oder darunter soll es zu einem Abschlag von 40 Prozent kommen, bei maximal zehn Jahren zu einer 30-prozentigen Reduktion, bei einer Befristung ab zehn Jahren zu 20 Prozent.

Diese Vorschläge sind allesamt nicht ganz neu, angesichts der dramatischer werdenden Situation auf dem heimischen Immobilienmarkt erscheinen sie aber umso angebrachter. Kommt damit also endlich etwas Bewegung in die festgefahrene Diskussion um das österreichische Mietrecht? 

Keine Kompromisse in Sicht

Nein, wohl eher nicht. Fakt ist, dass die SPÖ dem Thema nach wie vor keine Priorität einräumt bzw. gerade so viel, dass der Koalitionspartner nicht verärgert wird. Mit diesem, der ÖVP, gäbe es keinerlei Chance, auch nur einen Punkt des grünen Papiers umzusetzen - das weiß auch Steinhauser sehr gut.

Generell dürfte aber zumindest der bisher vorherrschende bissige Ton etwas nachgelassen haben. Als im vergangenen Herbst anlässlich "30 Jahre Mietrechtsgesetz" der Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) und Wiens Grünen-Klubobmann David Ellensohn mit ebenso radikalen Vorschlägen für einen völligen Neustart beim Mietrecht vorpreschten, folgten die erbosten Reaktionen seitens der Immobilienwirtschaft auf dem Fuß. Nicht so am Freitag: Die Präsentation der grünen Ideen fand bisher ohne die eigentlich zu erwartenden brüsken Stellungnahmen der Immobilienwirtschaft statt. Freilich könnte das auch viel realitätsnäher als Ausdruck einer gewissen Geringschätzung der Grünen gewertet werden.

Neue Wohnbaufinanzierung

Zumindest mit einem Punkt dürften sie aber doch auch Unterstützer in der Immobilienwirtschaft - vulgo in der ÖVP - finden: Bautensprecherin Moser will zusätzlich den Wohnbau ankurbeln, indem die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge von den Börsen weg hin zur Wohnbaufinanzierung gelenkt wird, in Form von Anleihen von Wohnbaubanken. Eine entsprechende Forderung besteht etwa auch seitens des Verbands Gemeinnütziger Bauvereinigungen (gbv) schon seit Jahren.

Außerdem sollte die Wohnbauförderung wieder zweckgewidmet werden, "und nicht etwa zur Finanzierung von Golfplätzen oder Garagen herangezogen werden dürfen", sagt Moser. ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat angekündigt, über die Wiedereinführung der Zweckwidmung im Zuge des nächsten Finanzausgleichs auch tatsächlich diskutieren zu wollen. Vor allem seine niederösterreichischen Parteifreunde winken bisher aber kategorisch ab. Somit dürfte auch hier bis auf Weiteres alles so bleiben, wie es ist. (Martin Putschögl, derStandard.at, 1.6.2012)