Botschafter aus der Vergangenheit: Zirkon unter dem Elektronenmikroskop.

Foto: Anders Scherstén

Köln - Der Superkontinent Pangaea ist allgemein bekannt, sein älteres Pendant Rodinia vor einer Milliarde Jahre gilt im Großen und Ganzen als nachgewiesen, wenn auch in seinem genauen Aussehen nicht wirklich rekonstruierbar - und wenn man noch weiter zurückgeht, wird es schön langsam hypothetisch. Die Kontinente haben sich zwar im Verlauf der Erdgeschichte unaufhörlich bewegt, zu Superkontinenten zusammengeschlossen und wieder voneinander getrennt - Größe und Verteilung der Landmassen können aber nur bis zu einem gewissen Grad nachvollzogen werden.

Zurück auf "los"

Wie und wann der Prozess der Plattentektonik begonnen hat, hat nun ein internationales Forscherteam um den dänischen Wissenschafter Tomas Næraa berechnet, wie die Uni Köln berichtet. Den Forschern zufolge setzte der Prozess vor rund 3,2 Milliarden Jahren ein. Die Datierung beruht auf den Hafnium- und Sauerstoffisotopen des Zirkons in sehr altem Gestein aus Westgrönland. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Wissenschaftler in "Nature".

"Wir gehen davon aus, dass das Abtauchen von ozeanischen Platten vor ungefähr 3,2 Milliarden Jahren angefangen hat", sagt der an der Studie beteiligte Elis Hoffmann aus Köln. "Zu dieser Zeit entwickelten sich die ersten stabilen Kontinente, wie wir sie heute vorfinden." Als Beleg für ihre Studie diente den Wissenschaftern 2,8 bis 3,8 Milliarden Jahre altes Gestein. Zirkon ist das älteste bekannte Mineral der Erde und typisch für die Erdkruste. Anhand der Hafnium- und Sauerstoffisotope des Zirkons konnten die Geologen ableiten, welche Prozesse vor Milliarden von Jahren auf der Erde stattgefunden haben.

"Recycling" im tektonischen Sinne

Die tektonischen Platten haben entweder eine ozeanische oder eine kontinentale Kruste. Weil die kontinentale Kruste viel leichter als der unterliegende Erdmantel ist, versinken in der Regel nur ozeanische Platten. Dabei wird aber auch Material mit in den Erdmantel hinuntergezogen, das zuvor auf den Kontinenten abgetragen wurde und in die Ozeanbecken gelangte. Dieses kontinentale Material entwässert, schmilzt auf und imprägniert den Erdmantel mit charakteristischen chemischen Bestandteilen. Durch einen komplizierten Zyklus von wiederholtem Aufschmelzen, den Geologen als "Recycling" bezeichnen, wird aus dem Mantelgestein schließlich wieder kontinentale Kruste gewonnen. Hoffmann und seine Kollegen suchten in frühen kontinentalen Gesteinen nach Hinweisen auf eine Abstammung von Mantelgestein, dass schon auf die oben beschriebene Art imprägniert war.

Sie kamen bei der Analyse der Sauerstoffisotopie der Zirkonminerale aus der alten kontinentalen Kruste zu dem Ergebnis, dass in der Zeit vor 3,2 Milliarden Jahren noch kein solches Recycling in den Erdmantel stattfand. Anhand der Hafniumisotopie der Zirkone konnten sie zudem zeigen, dass eine verdickte ozeanische Kruste im Zeitraum von ca. 3,9 bis 3,2 Milliarden Jahren die Erdoberfläche bedeckte, zum Teil aufschmolz und so die ersten Kontinente bildete. Schließlich stellten die Forscher in der Hafnium- und Sauerstoffisotopie der Zirkonminerale vor 3,2 Milliarden Jahren Änderungen fest, die als Beginn der modernen Plattentektonik zu deuten sind. Die Voraussetzungen für das Einsetzen der Plattentektonik war damals vermutlich die zunehmende Abkühlung des Inneren unseres Planeten. (red, derStandard.at, 2.6.2012)