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Erst der Protest gegen ACTA hat das Abkommen überhaupt zur Disposition gestellt.

Foto: LISI NIESNER / REUTERS

In einer gemeinsamen Pressekonferenz haben am Mittwoch die VertreterInnen verschiedenere Parteien und Organisationen eindringlich davor gewarnt, sich allzu früh über ein Ende des umstrittenen Handelsabkommens ACTA zu freuen. Auch wenn es zuletzt gleich mehrere Abstimmungsniederlagen für ACTA gesetzt habe (etwa im traditionell stark von Lobby-Organisationen beeinflussten Rechtsausschuss), sei das Abkommen derzeit längst noch nicht tot, so die zentrale Message.

Abwarten

Eine endgültige Entscheidung könne erst das Plenum des EU-Parlaments fällen, wo das Abkommen derzeit für den 3. Juli auf dem Plan steht. Die grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger warnt allerdings, dass dieser Termin noch verschoben werden könnte. Hinter den Kulissen gebe es fraktionsübergreifende Versuche, die Abstimmung zu verlegen, um so ein endgültiges Ende von ACTA zumindest fürs Erste zu verhindern.

Machtverhätnisse

Diese Gefahr sieht auch der fraktionsunabhängige EU-Parlamentarier Martin Ehrenhauser: "Im Vergleich zu den finanziellen Möglichkeiten der Lobby-Organisationen sind wir St. Pauli", sagt er in Anspielung auf den deutschen Kult-Fußballverein über die herrschenden Machtverhältnisse. Auch gebe es im EU-Parlament derzeit eine konservative Mehrheit - die Situation könne hier also rasch wieder kippen.

Generika

Eine besonders eindringliche Warnung vor ACTA und ähnlichen Abkommen lieferte Philipp Frisch von der Organisation Ärzte ohne Grenzen, der eine oft übersehene Komponente ins Gedächtnis ruf: Solche Abkommen seien eine echte Bedrohung für Generika, also wirkstoffidente Nachbildungen teurer Medikamente. Diese seien gerade für die Krankenpflege in ärmeren Ländern unverzichtbar. So hätten überhaupt erst Generika ein echte "leistbare" Versorgung mit AIDS-Medikamenten ermöglicht und den Preis von einst 10.000 US-Dollar auf 70 US-Dollar gesenkt.

Blockade

ACTA würde nun Zollbehörden ermöglichen, die Einfuhr ganzer Medikamentenlieferungen zu blockieren, etwa wenn ein Generika-Produkt ähnlich wie das Medikament eines anderen Herstellers heißt - was angesichts dessen, dass sich beide meist am darin enthaltenen Wirkstoff orientieren, durchaus üblich sei. Eine solch monatelange Einfuhrblockade könnte verheerende Auswirkungen haben. Auch sonst machen ACTA und ähnliche Abkommen den Spielraum für Generika derzeit immer kleiner.

Wachsam

Gerade mit Blick auf mögliche Nachfolgeabkommen gelte es, den Druck aufrechtzuerhalten, ist sich die Riege der ACTA-KritikerInnen einig. Immerhin sei es überhaupt erst der Druck der Straße gewesen, der ACTA ins Wanken gebracht habe. Zuvor hätten schließlich bereits einige Regierungen - darunter auch die österreichische - ACTA im Eilverfahren durchgewinkt.

Proteste

Für Samstag haben ACTA-Gegner zu einer nerulichen Prostesveranstaltung aufgerufen: Am 9. Juni gibt es einen europaweiten Aktionstag, bei dem auch in Wien eine Demonstration geplant ist. Treffpunkt dafür ist um 14 Uhr vor dem Westbahnhof, der Demonstrationszug soll dann zum Parlament ziehen. (apo, derStandard.at, 4.6.2012)