Vigo - Ein Festival der Querpässe und kein einziger Schuss aufs Tor: 90 Minuten lang schoben die Spieler der spanischen Fußball-Zweitligisten Celta de Vigo und CF Cordoba am Sonntag den Ball hin und her. Niemand versuchte ernsthaft, das Tor des Gegners ins Visier zu nehmen. Die Kicker boten dem Publikum die Simulation eines Fußballspiels, aber von den Rängen kamen keine Pfiffe. Im Gegenteil: Die 32.000 Zuschauer im Balaidos-Stadion von Vigo bejubelten jeden Quer- und Rückpass.
Der Nichtangriffspakt zwischen beiden Teams hatte einen guten Grund: Celta reichte ein Remis, um nach fünf Jahren in der zweiten Liga den Aufstieg in die Primera Division zu schaffen. Und Cordoba benötigte einen Punkt, um sich einen Platz in der Play-off-Runde zu sichern, in der ein weiterer Aufsteiger ermittelt wird. Schon vor dem Anpfiff war praktisch klar, dass die Partie 0:0 enden würde, und so ging sie dann auch aus. Die Wettbüros hatten für dieses Spiel Einsätze gar nicht erst zugelassen.
"Die Agenturen wussten schon, warum, die sind doch nicht dumm", sagte Celta-Regisseur Enrique de Lucas. Die Spieler hielten sich an das Drehbuch und dem gegnerischen Tor möglichst fern. Immer, wenn ein Angreifer mit dem Ball am Fuß sich dem Strafraum des Gegners näherte, folgte ein Rückpass. Es gab in der ganzen Partie nicht einen Eckball, dafür aber 1.591 Kurzpässe, fast 18 in der Minute.
Das Ballgeschiebe erinnerte an die "Schande von Gijon" bei der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien, wo Deutschland und Österreich ein 1:0 über die Zeit brachten, das beiden Mannschaften das Weiterkommen ermöglichte. Damals sprach man von einem Skandal, und es gab heftige Proteste gegen den "Nichtangriffspakt". In Vigo nahm jedoch niemand Anstoß an dem skurrilen Schauspiel. Die Zuschauer hatten auch gar nicht erwartet, ein richtiges Spiel mitzuerleben. Sie waren ins Stadion gekommen, um den Aufstieg zu feiern. (APA, 4.6.2012)