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2009 fanden sich in den als Ecstasy verkauften Proben 15,2 Prozent des Amphetamins MDMA (3,4-Methylendioxy-N-methlamphetamin).

Foto: APA/Roland Schlager

Grado - Es ist buchstäblich fast nie "drin, was draufsteht": Partydrogen wie Ecstasy enthalten in vielen Fällen völlig abstruse Substanzmischungen, deren potenzielle Gefährlichkeit - bis auf Testungen durch Beratungsangebote wie "CheckIt!" in Wien - den Konsumenten gar nicht bewusst sein kann. Die österreichischen Bemühungen, die bei Problematik bei sogenannten "Legal Highs", "Research Chemicals", "Felgenreinigern" etc. als neue psychoaktive und missbräuchlich verwendete Substanzen in den Griff zu bekommen, bezeichnete der Wiener Experte Hans Haltmayer Montagabend bei der österreichischen Ärztewoche in Grado (bis 9. Juni) als sehr ausgewogen. Mit dem seit 1. Jänner 2012 geltenden Gesetz (Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz) soll die in den vergangenen Jahren überbordende Szene speziell im Partydrogenbereich einigermaßen unter Kontrolle gebracht werden.

"Der Bundesminister für Gesundheit kann Neue Psychoaktive Substanzen (NPS, Anm.) mit Verordnung bezeichnen, wenn anzunehmen ist, dass sie wegen ihrer Wirkung in bestimmten Kreisen missbräuchlich verwendet werden und bei ihrer Anwendung nach dem Stand der Wissenschaft und der Erfahrung eine Gefahr für die Gesundheit von Konsumenten besteht oder nicht ausgeschlossen werden kann. (...) Der Bundesminister kann ganze Substanzklassen definieren", zitierte der Ärztliche Leiter des Wiener Ambulatoriums "Ganslwirt" die wichtigsten Grundsätze des neuen Gesetzes.

Immer schnellere Verbreitung

Der Grund dafür lag in der rapiden Zunahme und der immer schnelleren Verbreitung "neuer" Substanzen und Substanzgruppen als Drogen. Suchtmittelgesetz und internationale Konventionen etc. waren hier viel zu langsam. 2011 waren in Europa 49 neue drogenähnliche Substanzen festgestellt worden, 2010 waren es 41 gewesen - zumeist synthetische Cannabinoide und sogenannte Cathinone (Khat-ähnlich Stoffe).

Wer nun in Österreich "mit dem Vorsatz, daraus Vorteil zu ziehen", per Verordnung "bezeichnete" NPS "erzeugt, einführt, ausführt, einem anderen überlässt oder verschafft", kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belegt werden. Bei schwerer Körperverletzung bzw. Todesfolge gibt es eine Strafandrohung von einem bis zehn Jahren.

Haltmayer: "Das Gesetz ist insgesamt ein sehr ausgewogener Versuch, eine in den letzten Jahren zunehmend außer Kontrolle geratene Situation wieder in den Griff zu bekommen. Es dient auch der Abschreckung von Erzeugern und Händlern und ist gezielt angebotsseitig." Erstmals gebe es keine Strafandrohung für Konsumenten. Auf der anderen Seite würden die Behörden sowohl in Österreich als auch in der EU über die Europäische Drogenbeobachtungsstelle (EBDD/Lissabon) auf Marktüberwachung und Frühwarnungen setzen.

Gefährliche Mischungen

Internet-Angebote und das Bestellen von psychoaktiven Substanzen in Online-Shops samt obskuren Labors, die immer neue Abwandlungen psychotroper Stoffen entwickeln und herstellen, lassen die Szene immer undurchsichtiger erscheinen. Der Wiener Drogenexperte Haltmayer: "Im Jahr 2000 war in als 'Ecstasy' gekauften Proben noch zu 83 Prozent MDMA (Ecstasy, Anm.) enthalten, im Jahr 2009 nur noch in 15,2 Prozent. Das ist ein toxikologischer Alptraum."

Die Wiener Beratungs- und Informationsinitiative CheckIt! hat beispielsweise bei ihren Analysen im Rahmen von großen Raves in einer zur Untersuchung gebrachten "Ecstasy"-Tablette entdeckt: 75 Milligramm des potenziell gefährlichen Paramethosyamphetamin/PMA, elf Milligramm Koffein, drei Milligramm 4-MEC (4-Methylethcathinon), zwei Milligramm Alpha-PPP, ein Milligramm Mephedron, 26 Milligramm Dimethylcathinon und noch zwei unbekannte Substanzen. Das Gemisch plus Alkohol etc. machen solche Produkte für die Konsumenten zu einem sprichwörtlichen Ritt über den Bodensee.

Fazit: Der Drogenmarkt außerhalb von klassischen Substanzen wie Cannabis, Kokain und Heroin wird zunehmend zu einem Dickicht mit "beweglichen Zielen". Aufklärung und Prävention werden damit wichtiger als simple Polizeimaßnahmen. (APA, 5.6.2012)