Bild nicht mehr verfügbar.

Spanien gesteht Finanzierungsprobleme ein.

Foto: Reuters/Paul White

Bild nicht mehr verfügbar.

Spaniens Finanzminister, Cristobal Montoro, muss auf die Entscheidungen der G7 warten.

Foto: reuters/andrea comas

Madrid/Berlin - Spanien hat offen Probleme bei der Refinanzierung über die Finanzmärkte eingeräumt und so die Spekulation über eine weitere Eskalation der Krise angeheizt. Die Märkte seien zu den derzeitigen Zinsen de facto für Spanien nicht mehr zugänglich, sagte Finanzminister Cristobal Montoro am Dienstag dem Radiosender Onda Cero. Dieses Eingeständnis drückte den Euro und sorgte für neue Verluste an den Aktienmärkten.

Finanzprofis setzten ihre Hoffnungen auf neue Schritte der führenden Industrieländer G-7 und der Europäischen Zentralbank (EZB), die am Mittwoch über ihr weiteres Vorgehen berät. In der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) gibt es Bestrebungen, Deutschland und andere finanzstarke Länder zu mehr Wachstumsimpulsen zu bewegen, wie die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr.

Die Tür ist zu

"Der Risikoaufschlag bedeutet, für Spanien ist die Tür zum Markt geschlossen", sagte Montoro. "Der Risikoaufschlag sagt, dass wir als Staat ein Problem haben, den Markt anzuzapfen, wenn wir unsere Schulden refinanzieren müssen." Weder Deutschland noch Frankreich hätten das Land gedrängt, einen Antrag für internationale Hilfen zu stellen, sagte er zudem und dementierte damit anderslautende Presseberichte. Der nächste Härtetest steht für Spanien voraussichtlich am Donnerstag an: Das Land will durch den Verkauf von neuen Anleihen bis zu 2 Milliarden Euro aufnehmen.

Nach Ansicht des Madrider Ministers haben die EU-Institutionen es in der Hand, Spanien den Zugang zu den Finanzmärkten wieder zu öffnen. Montoro rief die EU zur Eile auf. "Die Zukunft des Euro steht auf dem Spiel", sagte er. Eine internationale Rettungsoperation wie in Griechenland, Portugal oder Irland schloss er für Spanien aufgrund der Größe des Landes aus.

Der Euro fiel wegen der Angst vor einer Verschärfung der Finanzprobleme Spaniens wieder deutlich unter die Marke von 1,25 Dollar. Auch der DAX rutschte ab. Eine neue Industrie-Umfrage belegte nach Ansicht von Marktteilnehmern den derzeitigen Teufelskreis aus Einsparungen und wirtschaftlicher Schwäche in Europa: Die Eurozone bewegt sich dem Forschungsinstitut Markit zufolge auf eine Rezession zu.

G-7 beraten Vorgehensweise

Um eine Abwärtsspirale zu vermeiden, wollten die sieben größten Industriestaaten (G-7) nach Angaben Kanadas am Dienstagmorgen per Telefonkonferenz ihr Vorgehen absprechen. Teilnehmen sollten Finanzminister und führende Zentralbankvertreter aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und Kanada.

Einige G-20-Mitglieder wollen unter anderem Deutschland und Kanada von neuen Wachstumsimpulsen überzeugen. Länder mit gesunder Haushaltslage könnten zu größeren Ausgaben ermutigt werden, um der Euro-Zone und der Weltwirtschaft zu helfen, sagte ein asiatischer G-20-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur Reuters. Die deutsche Regierung ist zwar zur Ankurbelung des Wachstums etwa über eine Kapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank (EIB) und Strukturreformen bereit. Direkte staatliche Konjunkturhilfen zulasten neuer Schulden oder gemeinschaftliche Euro-Bonds zur Entlastung von Krisenländern lehnt sie aber ab.

Schäuble für Fiskalunion

Auch die EZB könnte bei ihrer Ratssitzung am Mittwoch neue Schritte gegen die Krise beschließen. IWF-Chefin Christine Lagarde sagte, die Währungshüter hätten noch Spielraum für eine Zinssenkung. Zudem könne sie das Wachstum etwa durch längerfristigen Geldgeschäfte ankurbeln.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble gab Spaniens Regierung volle Rückendeckung für ihre Anti-Krisenpolitik. "Die spanische Regierung trifft die richtigen Entscheidungen, obwohl es für eine Krise dieses Ausmaßes keine Patentrezepte gibt", sagte Schäuble dem "Handelsblatt". Er bekräftigte seine Ablehnung von Eurobonds zum jetzigen Zeitpunkt. "Bevor wir uns über ein gemeinsames Schuldenmanagement unterhalten, brauchen wir eine richtige Fiskalunion", sagte Schäuble.

40 Milliarden für die Banken

Spaniens Banken benötigen dem Vorsitzenden der Banco Santander zufolge rund 40 Milliarden Euro an zusätzlichem Kapital. Emilio Botin nannte die Summe am Montag in Brasilia in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. In Spanien gebe es "keine Finanzkrise", sagte er weiter, sondern nur einige wenige Banken, die finanzielle Hilfe benötigten. Santander ist die größte Bank Spaniens. Experten der deutschen Regierung rechnen Medienberichten zufolge, dass die spanische Bankenwirtschaft eine Kapitalspritze von 50 bis 90 Milliarden Euro benötigt.

Die Regierung in Madrid hatte in den vergangenen Wochen mehrmals Geld für seine Banken außerhalb des bisherigen Rettungsverfahrens gefordert. Dies lehnt Deutschland ab. Die deutsche Regierung wies am Montag einen Bericht zurück, sie dränge Spanien unter den Euro-Rettungsschirm EFSF.

Vertragsänderungen notwendig

Spanien will erreichen, dass Gelder aus den EU-Rettungsfonds direkt an kriselnde Banken fließen. Dies ist jedoch nach den geltenden Verträgen nicht möglich. EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte die Möglichkeit angedeutet, dass in Zukunft eine entsprechende Möglichkeit geschaffen werden könnte. Damit weckte er in der spanischen Öffentlichkeit die Hoffnung, dass ein Ausweg aus der Krise in Sicht ist. Experten wiesen jedoch darauf hin, dass dazu in einem aufwendigen und zeitraubenden Verfahren Verträge geändert werden müssten. Zudem ist Deutschland dagegen.

Unterdessen drängten führende CDU-Politiker die Spanier zur Eile. Madrid solle sich zügig entscheiden, ob es zur Bankenrettung weiter den Kapitalmarkt anzapfen oder Kredithilfen aus dem Euro-Rettungsschirm beantragen wolle. Das sagten die Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Herbert Reul und Volker Kauder, in Brüssel. "Zur Stabilisierung des Euro sind jetzt klare Perspektiven notwendig", erklärten die Politiker. Falls Spanien unter den Rettungsschirm schlüpfen müsse, sollten Mittel daraus auf zwei Jahre begrenzt werden. (APA/Reuters, 5.6.2012)