Wien  - Vor der Neuregelung der Parteienfinanzierung weist Grünen-Frauensprecherin Judith Schwenter auch auf eine bekannte Forderung hin, nämlich diese Mittel an eine Frauenquote zu knüpfen. Die SPÖ Frauen und die ÖVP Frauen zeigen sich dazu gesprächsbereit. Ablehnung kommt von den Frauensprecherinnen von FPÖ und BZÖ. Schwentner bedauert gegenüber der APA, dass eine Koppelung an die Frauenförderung bei der aktuell anstehenden Reform "viel zu wenig thematisiert" wird.

Schwentner plädiert seit geraumer Zeit dafür, die Parteien- sowie die Klubförderung mit dem Frauenanteil in der jeweiligen Fraktion zu verbinden. Neben einem Sockelbetrag sollte es einen flexiblen Betrag geben, wodurch Parteien mit einem 50-prozentigen Frauenanteil mehr Geld bekommen, erklärte die Abgeordnete. Sie pocht auch auf das Reißverschlussprinzip bei der Listenerstellung, um den Frauenanteil in der Bevölkerung im Parlament adäquat abzubilden. Derzeit beläuft sich dieser auf nicht einmal ein Drittel, stellte Schwentner fest. Die Grünen sind im Nationalrat die einzigen mit einem 50-Prozent-Frauenanteil.

SPÖ dafür, ÖVP vorsichtig positiv

Frauenministerin und Vorsitzende der SPÖ-Bundesfrauen Gabriele Heinisch-Hosek geht davon aus, dass dieses Anliegen in die Debatte um die Wahlrechtsreform einfließen wird. Sie begrüßt "jedes Mittel" zur Steigerung des Frauenanteils in politischen Positionen, hieß es gegenüber der APA. SPÖ-Frauensprecherin Gisela Wurm sprach sich bereits zum diesjährigen Frauentag für eine Koppelung der Parteien- und Klubförderung an eine Frauenquote aus.

Keine generelle Ablehnung kommt auch von ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm: "Das ist ein Denkansatz, den man nicht gleich vom Tisch fegen sollte." Grundsätzlich sollte ein höherer Frauenanteil allerdings auch anders möglich sein, meinte Schittenhelm. Sie räumt jedoch ein, dass eine Bewusstseinsänderung oft erst dann einsetzt, "wenn es ums Geld geht".

Die Frauensprecherinnen von FPÖ und BZÖ hingegen lehnen die Forderung nach einer Koppelung strikt ab. Carmen Gartelgruber (FPÖ) geht ohnehin davon aus, dass sich hierfür in SPÖ und ÖVP keine Mehrheiten finden werden. "Ich halte davon überhaupt nichts. Man muss anders ansetzen", meinte auch Martina Schenk (BZÖ).

Sickinger differenziert

Hubert Sickinger, Experte für Parteienfinanzierung, weist darauf hin, dass es auch noch andere sinnvolle Kriterien für Lenkungseffekte geben würde und man nicht einen einzelnen hinauspicken sollte. Eine Koppelung der Parteienfinanzierung an eine Frauenquote - etwa Zu- oder Abschläge, falls bestimmte Kriterien nicht erfüllt werden - könne man durchaus diskutieren. Generell wäre es aber sinnvoller, sich in einem ersten Schritt nur auf die Transparenz zu konzentrieren und vor der Sommerpause zu beschließen. Erst anschließend sollte man eine umfassende Neuregelung der staatlichen Parteienfinanzierung diskutieren und ebenfalls noch heuer beschließen.

Melanie Sully, Vizepräsidentin des Instituts für Parlamentarismus und Demokratiefragen spricht von "positiven oder negativen Anreizen" und verweist auf internationale Beispiele. In Frankreich etwa ist die Parität zwischen den Geschlechtern festgeschrieben. Wird diese ignoriert, drohen den Parteien Strafzahlungen - und diese nehmen große Parteien durchaus in Kauf. In Irland, wo sich der Frauenanteil im Parlament auf nur 15 Prozent beläuft, sieht das neue Parteienfinanzierungsgesetz ebenfalls einen Verlust von 50 Prozent der Parteienförderung bei Nichterfüllung vor. In einem ersten Schritt ist dort eine Frauenquote von 30 Prozent bei der Listenerstellung vorgeschrieben, nach sieben Jahren wird die Quote auf 40 Prozent erhöht. Georgien zahlt einen Bonus an Parteien, wenn ihre Kandidatenliste ein Fünftel Frauen aufweist. Im georgischen Parlament beträgt der Frauenanteil derzeit nur sechs Prozent, so Sully. (APA, 5.6.2012)