Zeichnung: Horsch

So wie in anderen Ländern müssen Investoren in Zukunft Finanzinstrumente melden, mit denen bisher unbemerkt größere Aktienpakete erworben werden konnten. Doch die Finanzindustrie könnte neue Schlupflöcher finden.

 

Wenn die Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft bestimmte Schwellen - beginnend mit fünf Prozent - überschreitet, dann muss dies den Behörden gemeldet werden. Damit soll verhindert werden, dass jemand unbemerkt die Kontrolle über ein Unternehmen erringt, ohne dass andere Aktionäre davon etwas erfahren.

Aber was geschieht, wenn das Aktienpaket zwar unter einer Schwelle liegt, der Investor aber durch andere Finanzinstrumente Zugriff auf weitere Anteile hat? Solche Konstruktionen ermöglichen ein "unbemerktes Anschleichen" an eine Zielgesellschaft und wurden in der Schweiz bei Sulzer-Oerlikon und in Deutschland bei Porsche-VW und Schaeffler-Continental eingesetzt. Dort wurden die Gesetze entsprechend novelliert.

Gesetzesnovelle kommt

Nun zieht Österreich nach. Ende März wurde eine Novelle des Kapitalmarkt- und des Börsegesetzes in Begutachtung geschickt, die Anfang Juli in Kraft treten soll. Dabei werden die Änderungen in der EU-Prospekt- und Transparenzrichtlinie umgesetzt und die Melde- und Veröffentlichungspflichten beim Erreichen, Über- oder Unterschreiten relevanter Beteiligungsschwellen an börsennotierten Unternehmen signifikant erweitert.

Derzeit besteht eine Meldepflicht für Finanzinstrumente nur dann, wenn diese einen Rechtsanspruch auf den Erwerb von Aktien beinhalten (Call-Optionen). Nicht erfasst sind sogenannte "Cash-Settled Equity Swaps" - eine Art Wette auf den Kursverlauf der Referenzaktie, bei der es in Abhängigkeit von deren Kursverlauf zu einem Barausgleich zwischen den Vertragsparteien kommt. Ein Investor vereinbart mit einem Kreditinstitut, dass er das Kursrisiko einer Referenzaktie übernimmt. Das Kreditinstitut erhält als Gegenleistung eine Prämie. Einen Kursverlust gegenüber dem Referenzkurs muss der Investor dem Kreditinstitut ersetzen, einen Kursgewinn jedoch das Kreditinstitut. Zur Risikominimierung wird sich das Kreditinstitut regelmäßig - ohne rechtliche Verpflichtung, aber aufgrund einer "Absprache" - mit der Referenzaktie eindecken (Hedging).

Genau darin steckt nun die Möglichkeit, bei Beendigung der Vereinbarung statt des vereinbarten Barausgleichs ein Settlement durch Lieferung der Referenzaktien an den Investor zu vereinbaren; der Investor zahlt für die Aktie den (historischen) Referenzkurs unabhängig davon, ob inzwischen ein Kursgewinn oder -verlust eingetreten ist, die Bank erhält die vereinbarte Prämie. Ähnlich wie bei einem Paketerwerb kann sich der Investor mit einem Schlag ein signifikantes Aktienpaket (z. B. 25,1 Prozent) zum anfänglich vereinbarten Referenzkurs sichern, ohne die Melde- und Veröffentlichungspflichten niederer Meldeschwellen (5, 10, 15, 20 Prozent) beachten zu müssen. So vermeidet er, dass der Aktienkurs bei der ersten Meldung steigt und das gesamte Paket dadurch teurer wird.

Derartige auf Barausgleich gerichtete Finanzinstrumente sind nach der geplanten Novelle künftig laut § 91a Abs 1 BörseG ebenfalls mitteilungspflichtig, sofern sich das Instrument ganz oder teilweise auf Aktien börsennotierter Gesellschaften bezieht und damit z. B. "die Abrechnung der Differenz zwischen dem Basiskurs und dem Abrechungskurs" verlangt werden kann. Der Gesetzgeber folgt damit einem europäischen Trend.

Ob das Vorhaben gelingen wird, alle auf Barausgleich gerichteten Instrumente zu erfassen, ist allerdings unsicher. Anders als die allgemein gehaltene deutsche Regelung, die wegen mangelnder Rechtssicherheit kritisiert wird, ist die österreichische Regelung viel detaillierter. Das sollte es der Finanzindustrie erleichtern, neue Finanzprodukte zu entwickeln, die vom Gesetz nicht erfasst werden.

Jede Verletzung der Melde- und Veröffentlichungspflichten wird in Zukunft härter bestraft, nämlich mit dem temporären Verlust des Stimmrechts (Florian Khol, DER STANDARD, 6.6.2012)