Putz dich! Giants Receiver Armando Ponce de Leon schiebt Vikings Verteidiger Christoph Putz zur Seite. Die Giants schlagen die Vikings in der UPC Arena. Vermutlich zum richtigen Zeitpunkt für die Wiener.

Foto: Herbert Kratky/photokratky.com

Mit den Giants ist das so eine Sache. Seitdem ich über Football berichte, gibt es in der Offseason eine Geschichte, deren Protagonisten nicht müde werden, sie Jahr für Jahr zu wiederholen. Die Giants sind überaltert, sie können ökonomisch und organisatorisch nicht Schritt halten, werden daher auch sportlich nicht dabei sein. Dass sie in den vergangen fünf Jahren dann doch drei Mal im Finale standen und dieses auch ein Mal gewannen, wird mit Erstaunen zur Kenntnis genommen. Ich weiß mittlerweile zwar, dass diese Analysen nicht unbedingt aus einem ausgesuchten Kompetenzzentrum stammen, aber es ist trotzdem interessant zu erfahren, dass sie wiederkehrend sind.

Auch vor der neunten Spielwoche der Bundesliga gab es durchaus viele Stimmen, die den Giants keine Chance mehr eingeräumt haben. Nicht (mehr) weil sie überaltert sind, sondern weil 23 ihrer Spieler auf der Verletztenliste standen und die derzeit jüngste Mannschaft der Bundesliga gegen die bis dahin ungeschlagenen Raiffeisen Vikings in die UPC Arena einlief. Am Ende eines denkwürdigen Footballabends stand es 35:34. Für Graz.

Ein überragender Chris Gunn (287 Yards, 5 TDS, keine Fumble, keine Interception), der Sekunden vor Ende des Spiels seinen Headcoach Nick Johansen ganz schnell davon überzeugte, das Spiel doch mit einer 2-Point-Conversion zu beenden, entschied die Partie dann auch mit einem Pass auf Philipp Sommer. Zum zweiten Mal ging das für die Grazer - Gunn sei Dank - gut. Gegen die Raiders entschied man sich beim Spielstand von 20:21 noch den Kick zum Ausgleich zu versuchen. Das ging schief. Graz lernt. Sie haben keinen Kicker.

Dieses großartige Footballspiel auf Gunn zu reduzieren wäre sehr gemein von mir. Die Highlights der Herren Christoph Gross, Laurinho Walch, Dusty Thornhill, Armando Ponce de Leon u.e.m. gibt es noch ein paar Tage in der ORF TVthek zu sehen.

Mission Woche 10: Giants vermeiden

Auswirkungen auf die Tabelle und das Heimrecht im Playoff hatte das Ergebnis für beide Mannschaften keine. Die Giants werden am 23. Juni den Grunddurchgang als Nummer 3 abschließen, am Tivoli entscheidet sich zwischen den Raiders und Vikings, wer ihr Halbfinalgegner wird. Und keines der beiden Teams will dieses gegen die Giants spielen. Vikings Headcoach Chris Calaycay hat eine Partie knapp gegen sie gewonnen, die andere knapp verloren. Für ihn wäre Prag praktisch, auch wenn die schon als Tribünengift auf der Hohen Warte gelten.

Die Panthers haben in den drei bisherigen Saisonen nicht nur alle Spiele gegen die Vikings verloren, sie haben noch nicht mal einen Score in diesen vier Begegnungen gemacht. Es steht kumuliert 154:0. Für Raiders Headcoach Shuan Fatah sieht die Sache ähnlich aus. Hat sein Team zwar beide Partien gewonnen, sind die Giants auch für ihn ein aufgelegter Stolperstein am Weg ins Finale und daher ist ein Zusammentreffen vor der Austrian Bowl XXVIII (am Tivoli) tunlichst zu vermeiden.

Wobei noch nicht sicher ist, ob Prag überhaupt dieses Playoff erreichen wird, wirft man einen Blick auf die beiden anderen Ergebnisse.

Die Danube Dragons setzten in Stadlau gegen die Raiders wieder ihren Runningback Tunde Ogun ein und den bekamen die Tiroler nie in den Griff. 272 Rushing Yards und drei Touchdowns des US-Amerikaners reichten am Ende eines sehr ansprechenden Spiels aber knapp nicht für den nötigen Sieg zum Einzug in die Playoffs.

Die Raiders, die vor allem zu Beginn nicht ganz „Ready To Play" wirkten, zogen am Ende ihre Köpfe aus der Schlinge, selbige die Dragons danach nicht hängen lassen mussten. Die Wiener zeigten bei der 27:35-Niederlage ihre bislang beste Saisonleistung und haben noch eine Chance, in Graz aus eigener Kraft das Halbfinale zu erreichen. Wobei, ich sagte es schon in der Vorwoche, jene zu Hause gegen die Raiders die schönere war, was sich dann auch tatsächlich so gezeigt hat. Wie die Giants in Spielen aussehen, wo es in Wahrheit „nur" um die Ehre geht, sah man ja am selben Tag: Sie schlagen die „Unschlagbaren".

Übrigens sind nach neun Siegen in Serie bereits Symptome des Wiener „Vollsupersein"-Virus aus dem Jahr 2007 wieder aufgetreten. Die Grazer Diagnose kam rechtzeitig, bevor die Sache dann in einem Semifinale oder vielleicht gar in einem Finale voll ausbricht. Wäre ja schade. Nun geht's zur Therapie ins Tivoli. Der Gang nach Graz jedenfalls wird für die Drachen schwer, aber es wäre auch langweilig, wenn es einfach ginge. Den einfachen Weg, die Panthers aus diesem zu räumen, den haben sie sich bereits verbaut.

Rangers Lebenszeichen als Alarmsignal für Prag

Als quasi sicher galt, dass die Prague Panthers selbst keinen Unsinn mehr gegen die Kornmesser Rangers anstellen und zwei Mal gewinnen werden. Wer allerdings gegen ein Team, welches zuvor im Schnitt 1.6 Punkte pro Spiel erzielte, dann 30 zulässt, mehr First Downs kassiert als macht (eine Premiere), der muss sich dann auch nicht weiter wundern, wieso er gegen die Raiders und Vikings auf der selben Seife wie Mödling steht.

Headcoach Adam Rita (Panthers) meinte nach dem Spiel, dass sein Team zu schnell scorte, daher wurde die Defense übermäßig beansprucht und schnell müde. Mathias Weinberger (Rangers) war selbst überrascht über den Spielverlauf, ärgerte sich im Nachhinein über knapp vergebene Big Plays zu Beginn des Spiels, als man im ersten Quarter, welches das Spiel am Ende auch entschieden hat, mit drei Scores in Rückstand geriet. Ansonsten kann Weinberger natürlich zufrieden sein, vor allem mit seiner Offense, die 213 Rushing Yards erzielte. Sein Quarterback Craig Maynard sah als Passer zwar erneut nicht allzu gut aus, aber entwickelte zumindest Tebow'sche Effizienz, als zwei seiner fünf Completions auch zu Touchdowns führten.

Besser lief es für Prag früher in der Saison gegen die Giants, auch wenn man beide Spiele verlor. Richtig gut ging es dann gegen die Dragons, wo man das direkte Duell sogar knapp gewann. Aber dieses 30:54 im Slavia Stadion, gegen die eh schon am personellen Zahnfleisch daher laufenden und mit Spielern aus der B-Mannschaft agierenden Niederösterreicher, das ist für das Rückspiel ein Alarmsignal. Sollten die Dragons in Graz gewinnen, dann können die Panthers selbst eh nichts mehr tun.

Sollten die Giants aber gewinnen und sie in Mödling das Spiel dann gar verlieren, dann muss man sich in Prag langsam aber doch die Sinnfrage des Unterfangens AFL stellen. Dass ihre Liste an Verletzten nun bereits die Zweitlängste nach jener der Giants in der Bundesliga ist, das ist das eine. Dass allerdings die Hälfte ihres Personals nach zwei Viertel nicht mehr kann, weil für den Gamespeed in der Bundesliga die Kondition einfach nicht langt (auch nicht gegen die Rangers!) und man gegen das Tabellenschlusslicht mit großer Mühe und Not eine 13:13 Halbzeit einfährt, das zeigt, dass ihr Ziel, eines Tages die Austrian Bowl nach Prag zu entführen, 2012 viel weiter weg ist als noch 2010.

Auch wenn man jetzt erstmals das Playoff schaffen sollte, Chance hat man in diesem - egal, wer der Gegner ist - quasi keine. Prag lebt von einigen zugegeben herausragenden Spielern auf den Skill Positions. Das sind die beiden US-Legionäre Walz und Amos und die Receiver Stiegler und Dundacek. Dahinter schaut es düster aus. Ihre beiden Lines gelten als jene, die man am einfachsten unter Kontrolle bringt.

Ob wirklich auch das Coaching nicht passt, das wage ich zu bezweifeln. Die Vita von Rita schaut mir dafür zu gut aus. Er müsste wohl über den Winter in Prag bleiben und mit den mir viel zu gemütlichen Herrschaften trainieren, denn Champions werden in der Offseason gemacht. Und da liegt in Prag ein vermutlich riesiges Potential brach. Bei aller Sympathie, die ich für die Burschen habe, ist es derzeit einfach zu wenig, um wirklich in Österreich reüssieren zu können. Da droht momentan eher die Gefahr, von den Rangers überholt, als ein Teil des Establishments zu werden.

AFL Woche 9
Gesamtstatistik

Prague Panthers vs. Kornmesser Rangers 54:30
Danube Dragons vs. Swarco Raiders 27:35
JCL Giants Graz vs. Raiffeisen Vikings 35:34

Tabelle:

1. Raiffeisen Vikings Vienna 8-1**
2. Swarco Raiders Tirol 8-1**
3. JCL Giants Graz 6-3*
4. Danube Dragons 3-6
5. Prague Panthers 2-7
6. Kornmesser Rangers 0-9

** Im Halbfinale mit Heimrecht
* Im Halbfinale

Bye Week mit Bonbon

Da das Wetter der Austrian Football League heuer keinen Streich gespielt hat, wird die nächste Woche, die als Ersatztermin eingeplant war, zur kollektiven Bye-Week. Übernächste Woche finden dann die EFL Halbfinalspiele in Wien und Innsbruck statt. Weiter geht es am 23. Juni mit der zehnten und letzten Runde des Grunddurchgangs, die es dann aber in sich haben wird. Die Dragons kämpfen in Eggenberg um einen Halbfinal-Spot, die Vikings und Raiders am Tivoli gegen einen Halbfinalgegner aus Graz, und in Mödling sollten die Panthers tunlichst ein Statement abgeben.

Ein Zuckerl für Süchtige gibt es aber. Österreichs Junioren Nationalteam bestreitet in Wien ein Testspiel gegen die Budapest Wolves. Die AFBÖ-Equipe von Horst Obermayer hat sich im Sommer 2011 mit dem Gewinn des Europameistertitels für die WM in Austin/TX (30. Juni - 7. Juli 2012) qualifiziert. Das „Team Future" wird - mit wenigen Abstrichen - auch jene Mannschaft sein, die 2014 dann die Herren EM bestreiten wird, die womöglich in Österreich stattfindet. Wer also den vielleicht zukünftigen Europameister sehen will (Liebste Grüße nach Deutschland und Frankreich an der Stelle), kann das am 9. Juni, Kickoff 14:30 Uhr in der „Raveline" (Ravelinstraße) in Wien Simmering tun. Der Eintritt kostet 10 Euro, alle Junioren (bis zum vollendeten 19. Jahr des Lebens) dürfen gratis rein. (Walter Reiterer, 5.6.2012)

Junioren WM-Testspiel
Team Austria vs. Budapest Wolves

9. Juni 2012, Kickoff 14:30 Uhr, Open Gates 13:00 Uhr
Footballzentrum Ravelinstraße Wien