Jodie, vom Geist getrieben, ist auf ihrer Flucht nicht zimperlich.

Foto: Sony

Mit "Heavy Rain" hat Quantic Dream bewiesen, dass es im Mainstream Platz für experimentelle Videospiele gibt. Ob man es als interaktiven Film bezeichnen möchte oder modernes Adventure ist eigentlich egal: Millionen von Menschen zog das eigenwillige Serienmörder-Drama in seinen Bann. Auf der E3 präsentierte das Studio nun nach zwei Jahren Entwicklung sein neues Werk: "Beyond: Two Souls". Der Thriller erzählt die Geschichte der jungen Jodie Holmes, gespielt von Schauspielerin Ellen Page. Auf der Flucht vor der Polizei wird sie von einem mysteriösen Geist begleitet, der sie gleichermaßen beschützt und gefährlich für ihre Umwelt macht. So schlüpft man in die Rolle beider Seelen und versucht, die Hintergünde und was es mit der übernatürlichen Begebenheit auf sich hat, aufzuklären.

Kein Spielende

In einer Demo für die Fachbesucher zeigten die Entwickler eine Szene, in der Jodie in einem fahrenden Zug den Gesetzeshütern entkommen muss. Bevor es zur dramatischen Flucht kommt, erkundet man als Geist, der durch einen Funkenflug symbolisiert wird, den Wagon und erschrickt Passagiere, in dem man etwa Gepäck herunterfallen lässt. Zurück im Körper der jungen Frau findet man sich alsbald in brenzligen Situationen wieder und versucht zunächst die Angriffe der Polizisten abzuwehren und anschließend aus dem Zug zu springen. Die Charakterin wird wie der Geist frei bewegt, Actionsequenzen müssen wie schon bei "Heavy Rain" durch Quicktime-Events gelöst werden.

Entscheidend ist, dass man im Rahmen der Haupthandlung den Ausgang jeder einzelnen Episode selbst bestimmt. Ein "Game Over" gibt es nicht, anstelle dessen passt sich die Story den Fortschritten oder Fehltritten an - ohne dabei das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Für die Zugszene bedeutet das beispielsweise, dass man sehrwohl geschnappt werden kann. Der Ausbruch muss dann in Gefangenschaft gelingen.

Vom Geist besessen

Der Geist kommt einem laufend zur Hilfe. Als Jodie etwa in einer Szene von Polizisten umstellt ist, verlässt man den Körper und beginnt Chaos anzurichten. Als Geist kann man die Kontrolle über manche Personen übernehmen und auf diese Weise die Cops sich gegenseitig ausschalten lassen. Für Panik und Angst sorgt man wiederum, in dem man Autos in die Luft wirbelt oder Straßensperren auframmt.

An Techniktricks wurde nicht gespart, um "Beyond" so glaubhaft wie möglich umzusetzen. Ohne zu übertreiben sieht das Spiel die meiste Zeit über wie ein CGI-Film aus. Das ist zum einen fantastischen Lichteffekten, Filtern und hochauflösenden Texturen zu verdanken und zum anderen einem neuen Animationsverfahren. Zumindest die Schauspieler der Leitcharaktere und deren Performance wurden hochdetailliert mit Hilfe von über 60 Kameras aufgezeichnet und eins zu eins digitalisiert. Sprache, Mimik und Gestik passen zusammen und erwecken die Polygone zum Leben.

Thriller-Hoffnung

Gewiss hat Quantic Dream hier den Vorteil, dass man nicht mit einer Interaktionsvielfalt eines Action-Adventures oder Open-World-Games aufwarten muss. Der erreichte Detailgrad ist für ein Spiel, das für eine sechs Jahre alte Konsole erscheinen wird, dennoch unglaublich. Das Steuerungskonzept aus "Heavy Rain" wurde weitgehend beibehalten, wenngleich Optimierungen erkennbar sind. Der Geist als frei fliegendes Wesen nimmt dem eingeschränkten Gameplay an Starrheit. Auf die Nervenkitzelatmosphäre und die mysteriöse Geschichte dürfen sich Thriller-Fans jedenfalls jetzt schon freuen. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 8.6.2012)

"Beyond: Two Souls" soll 2013 für PlayStation 3 erscheinen.