Wien - Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) muss einen weiteren prominenten Verlust hinnehmen: Die Sprachwissenschafterin Ruth Wodak hat in der Vorwoche in einem der APA vorliegenden Brief an den ÖAW-Präsidenten Helmut Denk ihren Austritt als korrespondierendes Mitglied bekannt gegeben. In den vergangenen Wochen sind mit der Molekularbiologin Renée Schroeder und dem Ökonomen Gunther Tichy unabhängig voneinander bereits zwei bekannte ÖAW-Mitglieder ausgetreten.

Wodak nennt in ihrem Brief keinerlei Gründe für ihren Schritt, das angespannte Verhältnis zwischen der Linguistin und der Akademie war aber hinlänglich bekannt. Schroeder hatte in ihrem Anfang Mai veröffentlichten Schreiben ihren Austritt u.a. mit der "Solidarität mit jenen exzellenten WissenschaftlerInnen, denen es wegen ihres kulturellen Hintergrundes oder ihrer politischen Einstellung nicht möglich ist, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden" begründet - ohne konkrete Namen zu nennen. Es war aber ein offenes Geheimnis, dass die bereits mehrmals gescheiterte Wahl Wodaks zum "wirklichen Mitglied" der ÖAW einer der Gründe war.

1996 war Wodak mit dem ersten Wittgensteinpreis, Österreichs höchstem Wissenschaftsförderpreis, ausgezeichnet worden, wandte aber nach Auslaufen dieser Förderung Wien enttäuscht den Rücken zu und ging an die Universität Lancaster (Großbritannien). Denn die ÖAW, wo Wodak ihr Wittgenstein-Forschungsprojekt angesiedelt hatte, habe nach dessen Ende "das Forschungszentrum nicht unterstützt, mich als Leiterin nicht akzeptiert, mein Team und das aufgebaute und international sehr anerkannte Zentrum für Diskursforschung dadurch zerstört", wie sie einmal gegenüber der APA erklärt hatte. (APA, 11.6.2012)