New York - Der Irak braucht nach Worten einer Delegation aus Bagdad "nur Starthilfe" von der internationalen Gemeinschaft, will aber das Land möglichst schnell wieder selbst aufbauen. Die Iraker wüssten am besten Bescheid über die Prioritäten des Landes und könnten "hervorragende" Arbeit bei seinem Wiederaufbau leisten, sagte Bagdads stellvertretender Bürgermeister, Faris Abdulrazzaq, am Montagabend vor Journalisten in New York.

Abdulrazzaq ist einer von zwölf irakischen Experten aus Politik, Handel und Industrie, die am Dienstag an einer UNO-Konferenz zum Wiederaufbau des Irak nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein teilnehmen wollten. Die Mitglieder der Expertendelegation waren von den Koalitionkräften unter US- und britischer Führung ausgewählt und nach New York entsandt worden.

Hoffnung auf kurzfristige Investitionen

Der leitende Beamte des Handelsministeriums in Bagdad, Fakhridin M.H. Rashan, erläuterte, dass der Irak auf kurzfristige Investitionen von der internationalen Gemeinschaft hoffe. Dabei müsse es sich nicht nur um Spenden handeln, sagte Rashan. Sobald sein Land auf eigenen Füßen stehen könne, werde es sich auch wieder selbst versorgen. Der Irak stehe mit seinen nachgewiesenen Ölreserven an zweiter Stelle weltweit. "Wir sind schon dabei, unsere Infrastruktur wiederherzustellen, und werden ein freies Marktwirtschaftssystem ansteuern", versprach Rashan.

Humanitäre Lage heute "besser" als vor dem Krieg befürchtet

Die Vereinten Nationen hatten Geberstaaten bei einem Treffen am Montag um weitere humanitäre Hilfe für den Irak im Umfang von 259 Millionen Dollar (224 Millionen Euro) bis zum Jahresende gebeten. Die für den Irak erhoffte Unterstützung stellt - nach der für Afghanistan - die zweithöchste Summe dar, um die die UNO je für ein Land ersucht haben. Zum Glück stellt sich die humanitäre Lage im Irak heute besser dar, als dies vor Beginn des Krieges befürchtet worden war, räumte die UNO zuvor in einem Bericht ein.

Internationale Hilfe habe den Zusammenbruch der Notversorgung verhindert, sagte die stellvertretende UNO-Generalsekretärin Louise Frechette zu den Vertretern der Geberstaaten. Dank großzügiger Spenden sei die Lebensmittelversorgung für die Menschen im Irak bis zum Jahresende gesichert. Dringend benötigt würden jedoch noch Mittel zur Gesundheitsfürsorge im Irak, fügte der Unter-Generalsekretär für humanitäre Angelegenheiten, Kenzo Oshima, hinzu.

Durch die Zerstörung der Infrastruktur im Land in den vergangenen drei Monaten seien Reparaturen an den Wasser- und Abwassersystemen, in Krankenhäusern und anderen lebenswichtigen Einrichtungen nötig geworden. Weitere Bereiche, die dringend vorangetrieben werden müssten, seien das Schulwesen und die Beseitigung von Minen, sagte Oshima. Von den Beratungen in New York werden weitere finanzielle Zusagen für die Gewährleistung der Grundversorgung der irakischen Bevölkerung erwartet.

Bei einem weiteren Treffen an diesem Dienstag wollen die internationalen Entwicklungsagenturen und die Geberländer künftige Erfordernisse für den wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes beraten. An diesem Treffen nehmen nach UNO-Angaben auch irakische Vertreter teil.

Mehrheit der Iraker von humanitärer Unterstützung abhängig

Laut UNO ist der weitaus größte Teil der 27 Millionen Iraker noch auf Unterstützung mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Grundversorgungsgütern durch die internationale Gemeinschaft angewiesen. Die Vereinten Nationen hatten im März in einem dringenden Hilfsappell für den Irak um 2,2 Milliarden Dollar für sechs Monate gebeten. Seitdem haben Geberländer 900 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Weitere 1,1 Milliarden Dollar kamen aus dem UNO-Programm "Öl für Lebensmittel" hinzu, dass aus früheren irakischen Ölexporten finanziert wurde. (APA/dpa)