Graz - Die Krebserkrankung entsteht nach heutigem Wissen zwar aus einer einzigen entarteten Krebsstammzelle, die sich immer wieder teilt - und weiteren genetische Veränderungen unterworfen ist. Der daraus entstehende bösartige Tumor ist in der Regel jedoch kein homogener Zellklumpen, sondern ein Mosaik aus unterschiedlich hoch differenzierten Tumorzellen. Vermutlich liegt es an dieser Heterogenität, dass Therapien manchmal nicht wirken. Der Diagnose der Heterogenität von Dickdarmtumoren sind Mediziner der Med-Uni Graz auf der Spur.

"Dickdarmtumore können morphologisch und genetisch unterschiedlich sein", so Karl Kashofer vom Institut für Pathologie der Medizinischen Universität Graz. Sind genetisch unterschiedliche Zellklone zu finden, wird das als Tumorheterogenität bezeichnet. Ursache sind zeitlich neben- und hintereinander auftretende genetische Veränderungen und anschließendes weiteres Wachstum der jeweiligen Zelllinien. Dies kann Auswirkungen auf die Therapie haben: Denn verschiedene Mutationen und Zelltypen könnten auch unterschiedliche Therapieansätze erfordern.

Die Bestimmung des Stadiums einer Tumorerkrankung und die entsprechende Entscheidung für eine bestimmte Therapieform erfolgte bisher vorwiegend nach morphologischen Kriterien: Darmkrebs-Patienten wurden bisher je nach prognostiziertem Krankheitsverlauf in vier Gruppen eingeteilt: Eins und zwei wurden überwiegend nur operiert, die Gruppe drei erhielt zusätzlich eine Chemo-Therapie und die Gruppe vier mit bereits entwickelten Metastasen hatte generell eine schlechte Prognose.

Morphologie und Erbgut

"Für Patienten in fortgeschrittenen Tumorstadien sind in den vergangenen zwei Jahren neue Therapien verfügbar geworden, die auf tumorspezifische DNA-Veränderungen beruhen, derzeit jedoch eine mögliche Heterogenität des Tumorgewebes nicht berücksichtigen", schilderte Kashofer den Ausgangspunkt seiner Forschungen. Im neuen zweijährigen Projekt zur Diagnostik der Tumorheterogenität will er gemeinsam mit rund einem Dutzend Wissenschaftlern mittels neuer sensorischer Verfahren und Visualisierungstechniken diese Heterogenität und ihre genetischen Ursachen im Detail untersuchen. "Ziel ist es, das Ansprechen auf eine Therapie gezielter voraussagen zu können", so Kashofer.

Das Team nimmt sowohl die Morphologie als auch das Erbgut des Tumors - das die genetischen Mutationen trägt, die das Wachstum erst ermöglichen - genau unter die Lupe. Im Zuge des Projekts werden genomische Sequenzdaten hoher Qualität aus rund 200 bereits vorliegenden, gut charakterisierten bioklinischen Tumorgewebeproben generiert und mit den morphologischen Merkmalen verglichen. Letztlich sollen Korrelationen zwischen den unterschiedlichen Phänotypen und Genotypen hergestellt werden.

Im Projekt unter der Leitung von Institutsvorstand Gerald Höfler kooperiert die Med-Uni Graz mit der TU Graz und dem Grazer Interuniversitären Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur. Es ist eines von insgesamt sechs geförderten Projekten der steirischen Förderlinie "Human -Technology-Interface: Sensor for Medical Application". (APA, 15.6.2012)