Freigegenstand Theater: "It's my life - Çaba, die Chance" - Kooperation der Wiener Wortstaetten und Schulen des BFI.

Foto: Martin Vukovits

Wien - Das Burgtheater überlässt von Mittwoch bis Samstag die Bühnen des Akademietheaters und des Kasinos wieder ganz dem jugendlichen Schauspieltrieb. Sieben Theatergruppen präsentieren beim Schülertheatertreffen ihre unterm Jahr entwickelten Stücke. In diesem Jahr ist es ein steirisch-wienerischer Wettbewerb, bei dem am Samstagabend ein von einer unabhängigen Jury ermittelter Sieger hervorgehen wird.

Es treten an die Wiener Theatergruppe auf der w@alz mit dem Stück Gestohlenes Meer von Lilly Axster, die Gruppe t'eig in Koproduktion mit dem Grazer Theater am Ortweinplatz (TaO!) und dem Stück DNA von Dennis Kelly. Letztere zeigt im Alleingang auch Janne Tellers Nichts. Was im Leben wichtig ist. Der Klub15 des Theaters der Jugend geht mit TABU - Tell ABout U ins Rennen und das Theaterzentrum Deutschlandsberg mit Shakespeares Julius Cäsar.

Es sind nicht immer Schulklassen, die antreten, sondern Institutionen, die mit Schülerinnen und Schülern arbeiten. Zum ersten Mal sind etwa die Wiener Wortstaetten dabei, die gemeinsam mit den Schulen des BFI (Berufsförderungsinstitut) das Schulklassendrama It's my Life - Çaba, die Chance entwickelt haben. In diesem Stück stehen Schüler vor der Tatsache, dass ihre Schule überraschend geschlossen wird, und zwar " aufgrund des hohen Migrantenanteils". Auf anfängliche Partystimmung folgt Ernüchterung.

80 Jugendliche hatten sich für das Theaterprojekt beworben. Es wurde, so Wortstaetten-Co-Leiter Hans Escher, im Rahmen einer Schreibwerkstatt (mit Ursula Knoll) und eines Schauspielworkshops (mit Sandra Selimovic) erarbeitet. "Aus den Improvisationen entstanden die Sätze."

Die Theaterproduktion galt am BFI als Freigegenstand innerhalb des Schulunterrichts, was für die sechzehn- bis achtzehnjährigen Schüler der Handelsschule und der Handelsakademie entscheidend war. Besonders für türkischen Schülerinnen, die nicht dieselben Freiräume zugesprochen bekommen wie ihre männlichen Kollegen. "Wenn solche Theaterprojekte im Rahmen der Schule ablaufen, haben die Eltern aber Vertrauen", bemerkt Escher.

"Nach der Premiere Anfang Mai im Dschungel Wien waren Väter wie Mütter dann auch irrsinnig stolz." Auch haben diese kreativ-produktiven Prozesse gute Dynamiken innerhalb des Klassenverbands erzeugt.

So viel positive Erfahrung verlangt nach einer Fortsetzung. Überlegungen für eine Neuauflage im nächsten Jahr gibt es bereits. "Das Geld dafür werden wir schon irgendwie zusammenkriegen", meint Escher. Die Nominierung für das Schülertheatertreffen ist für die Schülerinnen und Schüler jedenfalls ein "unglaubliches Erfolgserlebnis", so Escher, "da sie, oft Kinder von Migranten, ständig Diskriminierungen erleben. In unserer Theaterarbeit kamen ihre Begabungen so richtig zur Vorschein, zum Teil sind das echte Hochbegabungen."

Ähnliche sozialpädagogische Arbeit leistet die Theaterfabrik Weiz seit sechs Jahren. Mit einer auf Maturanten zugeschnittenen Version von Ödön von Horváths Kasimir und Karoline werden sie am Mittwoch nach Wien reisen. Regisseurin Bea Dermond, ihrerseits auch Mitglied der Performancegruppe Die Rabtaldirndln, schätzt die gute Zusammenarbeit mit den Schulen der Stadt Weiz. "Es gibt vonseiten der Lehrenden eine große Wertschätzung für unser Tun." Manche Schüler sind seit Anfang an über mehrere Jahre dabei.

Die Theaterfabrik Weiz ist ein niederschwelliges Haus, das jedem zwischen acht und zweiundzwanzig Jahren offen steht, der Theaterspielen möchte. Für ein kleines Schulgeld von 100 Euro pro Jahr ist das auch jedem möglich. Für das Stück Yvonne wurde die Theaterfabrik im letzten Jahr auch für den "Stella - Darstellender.Kunst.Preis für junges Publikum" nominiert. Hier kommt also ernst zu nehmende Konkurrenz. (Magarete Affenzeller, DER STANDARD, 19.6.2012)