Das offizielle Veranstaltungsplakat des Promi-Boxens. Bei dem Event fighten aber auch richtige Weltmeister.

Foto: www.promostar.cc

Ehrenwort: Ich verfolge keinen Mario Wagner. Nicht nur, weil es mir zu blöd ist, es ist auch nicht notwendig. Denn den unter diesem Namen geborenen Bürger, der als "Mario-Max Schaumburg-Lippe" bekannt ist, muss man gar nicht suchen. Der Mann mit dem ad libitum platzierbaren "Prinz" vor oder in der Mitte seines Namens findet einen - ganz von selbst.

Mario-Max ist nämlich omni- und universalpräsent: Das Adoptiv-Blaublut agiert in einem Esoterik-Shopping-TV-Kanal als Karma-Korrektor, Wahrsager und Verkäufer seltsamer Essenzen. Er singt, tanzt, reist und schaupielert. Er ist Designer, Galan, Jurist und Buchautor - und droht gern und regelmäßig mit medienrechtlichen Watschen.

Und zwar sobald ihn das Gefühl beschleicht, seiner nicht ganz generischen Durchlauchheit würde nicht genügend Respekt gezollt: Sei es durch Hinweise auf die Copy-Paste-Passagen seiner Diplomarbeit, sei es auf Anmerkungen zu "interessanten" Versuchen, einen Adelstitel als Künstler-, Marken- oder sonstigen Beinamen in einen österreichischen Ausweis zu bekommen oder sei es durch Recherchen zu seiner Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft.

In den Ring!

Doch nun verlässt der "Prinz", von dem sich das Oberhaupt des Hauses Schaumburg-Lippe distanziert, die metaphorische und Meta-Ebene der Gewalt - und schlägt wirklich zu. Nicht nach den Regeln der hohen Kunst der Satisfaktioniererei - also mit Säbel, Degen oder Duellpistole -, sondern mit der Faust. Aber kultiviert: Der Faust- und Boxkampf hat schließlich eine Tradition, die noch weiter in die Vergangenheit reicht, als das Geschlecht derer von Schaumburg-Lippe. Sogar das der Echten, nicht nur des Originellen.

Der - nach eigenen Angaben - mittlerweile sogar zum "Erbprinzen" avancierte Tierarztsohn sieht sich als Star einer großen Box-Gala. Für die wird dafür auf einem Poster zum "Boxkampf des Jahres" mit einem Bild geworben, das beide Kombatanten in Kampfpose zeigt: Furchteinflößend-männlich, repektheischend und durchtrainiert bis in die letzte Muskelfaser beherrscht der "Maxximator" das Bild: Kraft und Dynamik lassen Mitleid mit seinem Gegner aufkommen - es scheint, als wäre er gezeichnet.

Im Rahmen von richtigen WM-Kämpfen

Doch weder Photoshop noch fauler Zauber sind am Werk: Körper und Pose sind echt. Und auch der Kampf gegen den Puls-4-Moderator und Kabarettisten Chris "The Ironfist" Stephan wird echt sein. Das sagt nicht der "Prinz" selbst, sondern Sandro Dokic, Geschäftsführer der "SD interactive GmbH", die Medieneigentümer von Promostar ist, die wiederum Boxkämpfe veranstaltet. "Das ist zwar ein Showkampf, aber ich gehe davon aus, dass da durchaus echtes Boxen gezeigt werden wird", betont Dokic auf Nachfrage.

Aber am 30. Juni stehen im Schwechater "Multiversum" auch sportlich hochwertige Kämpfe auf dem Programm. Vier der ins gesamt 13 Duelle sind Titelkämpfe, in zwei Kämpfen geht es gar um Weltmeistertitel. Aber nicht nur im Boxen, sondern auch im Kickboxen, wo mit dem Österreicher Fadi Merza einer dabei ist, den man schon kennt. Und mit dem Deutsch-Kroaten Stefan Leko, erklärt Dokic, käme "ein Athlet, der in unserer Szene so ein Star ist wie die Klitschkos."

Ein Gegner dritter Wahl

Wieso er da mit dem notorischen Unterhaltungsadeligen einen Lackschaden am sportlichen Ruf der Veranstaltung riskiert? Dokic räumt ein, dass der "Maxximator" nicht erste Wahl gewesen sei: Das Box-Luder hinter dem Drei-Runden-Kampf sei Chris Stephan. Den kann man, muss man aber nicht kennen. Um das zu ändern, lief der Frühstücks-TV-Moderator, der als Society-TV-Gottseibeiuns bei Puls 4 schlechte Manieren oft mit der provokanten Originalität des jungen Hape Kerkelings verwechselt, seit Monaten durch Wien und suchte einen Box-Gegner: Die Mödlinger Ausgabe von Stefan Raab.

Am liebsten hätte Stephan ja Dominic Heinzl verklopft. Doch weder der noch Roman Rafreider standen zur Verfügung. Wer aller sonst nicht zurückgerufen hat, ist nicht überliefert. Aber irgendwann traf Stephan eben auf den kleinen Erbprinzen. Eigentlich logisch: Der Mann hat Routine als Stand-In für Größere: Er ersetzte ja auch schon Boris Becker, Richard und Mausi Lugner bei diversen Gelegenheiten - und er wird nicht müde zu betonen, dass sein Clan sogar für die britische Queen einspringen dürfte. (Dass davor rund 1.000 Angehörige des europäischen Hochadels ablehnen oder -leben müssten, bleibt aus Platz- oder Zeitgründen meist unerwähnt.)

Schiefe Nase

Egal: Der Kampf wird steigen. Stephan, erzählt Dokic, trainiere "seit Monaten täglich drei bis vier Stunden". Auch "der Prinz bereitet sich sicher vor" - schließlich werde ja ohne Kopfschutz gekämpft. Und eine schiefgeklopfte Nase mache sich auf Dauer bei einem Society-Darsteller nicht so gut.

Freilich: Dem Veranstalter dürften angesichts des Rummels um den Spaß-Boxer mittlerweile Bedenken kommen. "Können Sie die Info vielleicht auch an Ihre Sportredaktion weitergeben?", bittet mich Dokic am Ende des Gesprächs. Denn eigentlich sei das, was mittlerweile als "Promi-Box-Highlight des Jahres" durch die Gazetten geistert, doch bloß eines: Ein Gag eines Stand-Up-Comedians - am Rande einer echten Sportveranstaltung. (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 19.6.2012)