Nach fast 83 Jahren geht eine Ära zu Ende. Am 12. Juni hat der Ministerrat eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Kartell- und Wettbewerbsrechts beschlossen, mit der unter anderem auch das zuletzt vieldiskutierte "Zugabenverbot" des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 9a UWG) endgültig aufgehoben werden soll.

Dieses strikte Verbot, mit Zugaben zu werben oder solche zu gewähren, ist durch die europäische "Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken" seit Jahren unter Druck. Mit dem Argument, dass diese Richtlinie die per se unlauteren Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern abschließend regelt, hielt der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Spätherbst 2010 das österreichische Zugabenverbot gegenüber Verbrauchern für unzulässig. Da der Gesetzeswortlaut aber unverändert blieb, urteilte der Oberste Gerichtshof (OGH) seither unionsrechtskonform, dass das B2C-Zugabenverbot des § 9a UWG "gegenstandslos" sei.

Kurzfristig, vergleichbar dem Motto "der König ist tot, es lebe der König", wurde dann das ebenfalls in § 9a UWG enthaltene Verbot von Zugaben an Unternehmer überraschend aktuell. Da das B2B-Zugabenverbot von der Unionsrechtswidrigkeit nicht betroffen war und auch noch im Gesetz stand, feierte das Zugabenverbot eine neue Blüte.

Dabei ergaben sich bemerkenswerte juristische Diskussionen, z. B. ob Werbende bei Zugabenaktionen nun einen "Disclaimer" anbringen müssen, dass sich diese nicht an Unternehmer richten. Der OGH begründete im Fall einer von einem Möbelhaus durchgeführten Zugabenaktion durchaus gewagt, dass Unternehmer Möbel eher nicht dort, sondern üblicherweise im Großhandel beziehen, weshalb die Aktion als zulässig qualifiziert wurde.

Die vielfachen Forderungen nach einer Aufhebung haben nun also Gehör gefunden. Bleibt zu hoffen, dass der Nationalrat dies genauso sieht und das Ende des jahrzehntelang bewährten, aber eben in die Jahre gekommenen strikten Zugabenverbots des § 9a UWG tatsächlich beschließt.

Aber auch nach einer ersatzlosen Aufhebung des Zugabenverbots wird nicht jede Zugabe erlaubt sein. Wie bei allen Werbeaktionen gelten weiterhin die allgemeinen Regeln des UWG, wonach Wertreklame zwar nicht per se verboten, aber im Einzelfall unzulässig sein kann, wenn sie aggressiv, irreführend oder sonst unlauter ist. Das betont der OGH in inzwischen ständiger Rechtsprechung.

Hoher Anlockeffekt

Um als aggressive Werbung zu gelten, müsste eine Verkaufsförderungsmaßnahme z. B. einen so hohen Anlockeffekt haben, dass sie beim Empfänger rationale Erwägungen ausschaltet. In krassen Fällen werden darüber hinaus auch zukünftig das Nahversorgungsgesetz und das Kartellrecht Unternehmenszugaben verbieten. Das Thema geht uns also nicht ganz verloren, auch wenn der Spielraum für die Werbenden durch die Abschaffung um ein Vielfaches größer würde. (Ivo Rungg, Martin Walser, DER STANDARD, 20.6.2012)