
Einblick in die Schau "Looking through" von Lisa Beck.
Wien - Wenn ein Künstler mit Spiegeln arbeitet, drängt in den meisten Fällen das Subjekt in den Vordergrund, das vor der Bilder zurückwerfenden Oberfläche steht. Um den Menschen aus dem Fokus zu nehmen, bricht die New Yorkerin Lisa Beck (geb. 1958) also die Spiegel, mit denen sie arbeitet; entweder sie zersplittert die Oberflächen und/oder sie bricht ihre Fähigkeit zur Reflexionen mit einer Schicht aus Farbe.
Es ist ein nach logischen Kriterien absurder, aber dennoch stimmiger Gedanke: Farbe macht den Spiegel zwar opaker, verleiht ihm aber über Substanz und strukturierte Monochromie viel mehr Tiefe. Auch der unbearbeitete Spiegel ist seinem Wesen nach ein schizophrenes Objekt: Er ist etwas - und zugleich auch nicht. Denn in seinen Spiegelungen kann sich der optische Effekt von Unendlichkeit einstellen. Zugleich versinnbildlicht seine Glätte reine Oberfläche.
"Looking through" heißt Lisa Becks Ausstellung in der Galerie Lisa Ruyter passend zu diesen scheinbaren Gegensätzlichkeiten in ihrem Werk. Empfangen wird der Besucher von einer Art Regenbogensegment auf einer Holztafel, die zusammen mit einer mit Spiegelfolie überzogenen zweiten Tafel über Eck gehängt ist: "rads" heißt die Arbeit und verweist damit auf die Einheit, die die Energiedosis von Strahlen misst. Licht, Reflexionen, das Spiel mit Materialität und Immaterialität sowie runde Formen und der Kreis als Symbol des Perfekten und "Unverletzlichen" sind wiederkehrende formale Elemente im Werk von Beck.
Thematisch kreisen ihre Arbeiten, deren Ankerpunkt der US-Minimalismus der 1970er- und 80er-Jahre ist, um das Irdische und das Universelle, den Kosmos - also um das, was uns umgibt, und das, was zu groß oder zu klein ist, um es zu begreifen. Es geht, und da kommt nun doch der Mensch ins Spiel, um die Position des Einzelnen in diesem großen Ganzen.
Vor diesem Hintergrund wird klar, warum ihre Installationen mit glänzenden Planeten aus bemalten Konkavspiegelchen, prismatischen Objekten oder Kugelgirlanden aus Acrylglas trotz ihres Minimalismus wunderbar vertraut wirken: Sie scheinen greifbare und nicht greifbare Realitäten in Formen zu übersetzen. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 21.6.2012)