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Ewald Nowotny

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Wien - Nationalbankchef Ewald Nowotny hat im Moment deutlich mehr Aufmerksamkeit internationaler Medien als ihm lieb ist. Bei einer Konferenz am Montagabend in Wien verwies er darauf, dass die Sparpolitik der 1930er Jahre zum Aufstieg des Nationalsozialismus beigetragen habe. Das hat zu einem intensiven internationalen Medienecho geführt, weil dies insbesondere als Kritik an der Sparpolitik der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel verstanden wurde.

Laut Nachrichtenagentur Bloomberg sagte er am Montag, "aufgrund irreführender Theorien hat eine einseitige Konzentration auf Sparpolitik zu Massenarbeitslosigkeit, dem Zusammenbruch demokratischer Systeme und am Ende zur Katastrophe des Nationalsozialismus geführt" und weiter: "Wir müssen die Fehler der 1930er Jahre vermeiden." Und: "Wir müssen uns wirklich bewusst sein, dass dies ein darunterliegendes Thema ist." Lob spendete er der aktuellen Wirtschaftspolitik von Fed-Chef Ben Bernanke: Dieser habe die große Depression der 1930er Jahre erforscht, "das hat ihm vielleicht ermöglicht, ein sehr gutes Gefühl zu entwickeln, vielleicht besser als viele von uns".

Aussendung

In einer Aussendung am Donnerstag schreibt die Nationalbank, Nowotny habe am Montag "darauf hingewiesen, dass die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre nicht nur eine wirtschaftliche Katastrophe war, sondern auch wesentlich zum Aufstieg des Nationalsozialismus beigetragen hat". Er sei "in seinen wirtschaftshistorischen Ausführungen nicht auf die aktuellen Konsolidierungsprogramme im europäischen Rahmen eingegangen und hat keinen Bezug zwischen der aktuellen Fiskalpolitik in Europa und der Wirtschaftspolitik ab 1929 hergestellt".

"Insbesondere verwehrt sich der Gouverneur entschieden dagegen, von der Bild-Zeitung in einen Gegensatz zur Position der Bundesrepublik Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel gebracht zu werden. Gouverneur Nowotny und die OeNB haben vielfach die Notwendigkeit betont, in der konkreten Situation Europas, die beschlossenen Maßnahmen der Stabilitätspolitik konsequent umzusetzen und damit die Grundlagen für künftiges Wachstum zu sichern."

Deutsche Medien entrüstet

Auf "Bild.de" heißt es heute, "Ösi-Banker schockiert mit Nazi-Vergleich" und "irrer Nazi-Vergleich zu Merkels Sparpolitik". Nowotnys Aussagen haben aber weite Kreise gezogen: Unter anderem schreibt die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) von einem "drastischen NS-Vergleich", mit dem Nowotny vor einer zu strikten Sparpolitik im Kampf gegen die Eurokrise gewarnt habe. Zwar hätten auch andere schon ähnliche Parallelen gesehen, aber "Nowotnys Äußerungen sind von besonderer Brisanz", weil er auch Mitglied im EZB-Rat sei, die maßgeblichen Anteil an den harten Sparauflagen an Länder wie Griechenland habe. Im "Wall Street Journal" (WSJ) ist von "ungewöhnlichen" Aussagen die Rede.

Unter Ökonomen steht Nowotny mit dem Vergleich nicht alleine da, unter anderem hatten die Historiker Niall Ferguson und der US-Ökonom Nouriel Roubini in der "Financial Times" (FT) auf die historische Parallele verwiesen. Auch hat Nowotny bereits im Oktober 2009 gesagt: "Die Krise der 1930er Jahre darf sich nicht wiederholen", man dürfe nicht zu früh mit einer Budgetkonsolidierung beginnen. (APA, 21.6.2012)