Das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) entwickelt im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts »UlcPrävent« eine textilbasierte Drucksensorik zum flexiblen und individuellen Einsatz in Dekubitus-Strümpfen. Diese kommt beispielsweise bei der Behandlung von Diabetespatienten zum Einsatz, wo einer Druckentlastung oder optimierten Druckverteilung aufgrund der verminderten sensorischen Wahrnehmung an den unteren Extremitäten wie Fuß und Unterschenkel, eine große Bedeutung zukommt.

Diabetes mellitus ist eine weit verbreitete Volkskrankheit, von der nach Angaben der Internationalen Diabetes Föderation (IDF) etwa 12 Prozent der Bevölkerung Deutschlands betroffen sind. Aufgrund der Altersstruktur aber auch aufgrund der Zunahme des Anteils Übergewichtiger ist mit einer deutlichen Erhöhung der Fallzahlen in den kommenden Jahren zu rechnen. 

Gefäßschäden und Polyneuropathie

Eine sehr häufig mit der Grunderkrankung einhergehende Folge ist das Diabetische Fußsyndrom (DFS). Unter diesem Syndrom werden offene, schwer heilende Wunden an den unteren Extremitäten (Fuß und Unterschenkel) verstanden, deren Ursache unter anderem in einer Mangeldurchblutung des Gewebes gesehen wird. Hierzu kommt es nicht nur, weil das Gefäßsystem durch die Zuckerkrankheit in Mitleidenschaft gezogen wird, sondern auch, weil durch eine Polyneuropathie die sensorische Wahrnehmung an den unteren Extremitäten stark eingeschränkt ist.

Patienten sind daher nicht mehr in der Lage zu spüren, ob etwa ein Schuh drückt oder ob ein Fuß umgelagert werden müsste, etwa weil er beim Sitzen auf der Couch bereits zu lange stets auf derselben Partie aufgelegen hat. Bei Gesunden ist das Umlagern ein unwillkürlicher Prozess, bei dem eine komfortablere Position eingenommen werden soll. Fehlt diese Wahrnehmung, kann es zu Druckgeschwüren (Dekubiti, Anm. Red.) und den damit verbundenen nachhaltigen Gewebsschädigungen kommen, die in nicht seltenen Fällen zur Amputation der betroffenen Extremität führen. Bei der Behandlung von Diabetes- und Dekubituspatienten spielt die Druckentlastung beziehungsweise die optimale Druckverteilung betroffener Körperpartien eine dominante Rolle.

Kritische Belastung gezielt vermeiden

Im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts »UlcPrävent« wurde eine textilbasierte Drucksensorik entwickelt, die flexibel und individuell in speziellen Dekubitus-Strümpfen implementiert ist. Damit ist eine objektive Messung der Druckbelastung gefährdeter Fußpartien möglich. Dieses Konzept eines »Anti-Dekubitus-Strumpfes« geht zurück auf eine Idee von Phillip Schöttes (Unfallklinikum Dortmund), der das Projekt auch als klinischer Berater begleitete.

Durch das textilbasierte Druckmesssystem erfolgt eine permanente Erfassung des Belastungszustands gefährdeter Körperpartien und über ein Analyse- und Warnsystem wird der Patient entsprechend alarmiert. In Verbindung mit diesem System können die Patienten gezielt kritische Belastungssituationen hinsichtlich der Entstehung von Geschwüren vermeiden. Dadurch werden sowohl schwere Krankheitsbilder erheblich eingeschränkt als auch das Wohlbefinden der Patienten deutlich verbessert. Es ist das Ziel, das textilbasierte Mikromesssystem als Element in der Prävention und Therapie von Diabetespatienten zu etablieren, um so in Zukunft die Geschwürbildung bei Diabetikern gezielt und nachhaltig zu reduzieren. (red, 25.6.2012)